Türsteher-Theologie – Besser theologisch streiten. Zur Diskussion um den IDEA Beitrag mit Manuel Schmid (ICF – Basel)

Als Jugendlicher bekam ich eine christlich Zeitschrift in die Hand, in der neben geistlichen Impulsen eine Menge an Rezensionen zu lesen waren. Dort hatten sich einige Autoren die Mühe gemacht, verschiedene Bücher zu lesen, von denen ich nie gehört hatte, die auch niemals in der örtlichen christlichen Bücherstube zu kaufen waren (ja, es gab eine Zeit vor Amazon) oder den Weg auf den Büchertisch meiner Heimatgemeinde gefunden hätten. Es waren Bücher, vor denen gewarnt wurde, deren Inhalt schonungslos verrissen und deren Autoren als Irrlehrer geächtet wurden.

Das war für mich der Einstieg in die Emergente Szene.

Ohne diese Warnhinweise hätte ich eher weniger mit Begriffen wie „Emerging Church“, „Brian Mclaren“ oder dem „Offenen Theismus“ zu tun bekommen.

Was mich schon immer an diesen Diskussionen gestört hat, war eine gewisse Bevormundung. Da gab es also Leute, die mir nicht zutrauen, bestimmte Bücher selber zu lesen und mir eine Meinung dazu zu bilden. Man musste mich vor diesen Büchern schützen, weil ich dadurch vom rechten Glauben abkommen könnte.

Diese Artikel haben sich nicht viel damit aufgehalten, die Argumente und Gedankengänge der geächteten Autoren in fairer Weise darzustellen. Man ist vor allem darauf eingegangen, welche Fehlschlüsse in diesen Büchern vorhanden waren und wo diese Bücher von der eigenen Meinung abgewichen sind.

Ich nenne das „Türsteher-Theologie“.

Türsteher gucken Leute vor den Kopf, checken den Ausweis und sagen wer rein kommt und wer nicht. Sie sind in der Regel nicht dafür bekannt, eine sachliche Debatte darüber zu führen, ob die Eintrittsverweigerung gerechtfertigt ist oder nicht. In ihrem Job sind Muskeln gefragt, keine geschliffene Rhetorik und vertiefte Erkenntnisse in Soziologie.

No offense.

Können wir das im christlichen Gespräch nicht besser? In der aktuellen Debatte um den IDEA-Artikel von Manuel Schmid scheinen ähnliche Mechanismen reflexartig zu greifen. Da ist eine theologische Idee(#offenertheismus), die vielen nicht ins Schema passt. Unddirekt meldet sich der theologische Türsteher-Reflex, der Berufsverbot, Einzug von Spenden und öffentliche Ächtung fordert.

Völlig verärgerten theologische Nachwuchsbloggern wie mir juckt es jetzt förmlich in den Fingern. Man lässt sich ungern von Türstehern etwas sagen. Also holt man ebenfalls die verbale Keule raus, um ordentlich Dampf abzulassen?

Kann man so machen, hat auch einen gewissen Unterhaltungswert. Aber eigentlich hilft das nicht weiter. Manuel hat in seinen Facebook-Beiträgen zu einem anderen Umgang aufgerufen, was ich sehr lobenswert finde. Mich würde es freuen, wenn in der Szene mehr über Inhalte geredet und geschrieben würde. Eine tiefgreifende Kritik des Offenen Theismus – super. Gut herausgearbeitete Argumente. Scharfes Nachdenken, was mit verstehen der anderen Position zusammenhängt. Verstehen nicht im Sinne von Begreifen (es hapert meist nicht am Intellekt), sondern im Sinne des sich damit auseinandersetzen wollen. Es gibt nichts wertschätzenderes, als die Position eines Andersdenkenden gut zu verstehen und wirklich gut auf den Punkt bringen zu können, ohne die Position zu verzerren. Holt eure Bibel raus, warum nicht? Zeigt auf, wo biblische Argumente hinführen. Stellt die wichtigen Fragen und bringt die besten Argumente vor. Davon profitieren am Ende alle.

Aber den Job des Türstehers, den hat maximal Gott. Unsere Aufgabe ist es, Türen zu öffnen.

Mittlerweile hat auch Chris einen Text zur Diskussion verfasst, den findet ihr hier.


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