Wie verlerne ich, verurteilend zu sein?

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Schon seit längerer Zeit denke ich über einen Gedanken aus einer Predigt von Tobias Teichen nach. Ihm ging es darum, wie Christen und Gemeinden in angemessener Art und Weise mit Sünde umgehen können, ohne andere zu verurteilen.

Dieses Verurteilen ist vielleicht zu dem Imageproblem der Christenheit in der westlichen Welt geworden. Interessanterweise findet kein Christ es richtig, verurteilend oder diskriminierend zu sein. Allerdings wollen wir natürlich auch nicht unsere Botschaft verwässern. Wir suchen einen Weg zwischen Relativismus im Stile passt scho’ und dieser Verurteilung. Nicht zu liberal aber auch nicht engstirnig.

Ich muss zugeben, dass ich hier immer noch einen kleinen Knoten im Hirn habe. Ich habe einfach nicht verstanden, was dieses Verurteilen in letzter Konsequenz ist. Allerdings bin ich einen Schritt weiter gekommen. Geholfen hat mir Walter Winks Verwandlung der Mächte, speziell das Unterkapitel Gegen die Vollkommenheit.

Dort problematisiert er einen Glaubenssatz, der oftmals geglaubt wird und weil er so richtig klingt, auch gar nicht hinterfragt wird: Gott liebt nur das, was vollkommen ist.

Beispielsweise kann so ein Glaubenssatz hinter der Aussage stecken, Gott liebt dich nicht um deiner selbst willen, sondern wegen dem, was er aus dir machen will.

Wer so glaubt, der wird natürlich in einen inneren Konflikt geraten, da er seine eigenen Schattenseiten nicht annehmen kann. Die eigene Dunkelheit muss daher verdrängt werden. Wink schreibt dazu:

„Wenn wir vollkommen sein müssen, um Gottes ungern gespendete Liebe zu verdienen, was machen wir mit den Aspekten unseres Ichs, von denen wir wissen, dass sie nicht vollkommen sind und es auch nie sein werden? Was machen wir mit unseren Wutausbrüchen, unserer Begierde, unserer Feigheit, unserer Gier, unserer Gleichgültigkeit dem Leiden anderer gegenüber? Wenn wir das Spiel des Perfektionismus überhaupt weiterspielen wollen (und es handelt sich wahrhaftig um ein Spiel, das der „Große Täuscher“ zu unserem Schaden spielt) müssen wir diesen ganzen Bereich des Bösen verdrängen. Aus den Augen aus dem Sinn – aber nicht aus der Psyche! Wenn wir dann Menschen begegnen, die uns an die Aspekte erinnern, die wir in uns selbst hassen und verdrängt haben, werden wir ungewollt auf andere projizieren, was in unser eigenes Unterbewusstsein verdrängt worden ist“

Auch Dietrich Bonhoeffer hat etwas in die Richtung gesagt: „Die fromme Gemeinschaft erlaubt es ja keinem, Sünder zu sein. Darum muss jeder seine Sünde vor sich selbst und vor der Gemeinschaft verbergen. Wir dürfen nicht Sünder sein. Unausdenkbar, das entsetzen vieler Christen, wenn auf einmal ein wirklicher Sünder unter die Frommen geraten wäre.“

Ich bin mir sicher, dass dieser Glaubenssatz dem Wesen Gottes nicht gerecht wird. Gott liebt das Unvollkommene! Er ist gnädig und vergebend. Gott kann in Kontakt mit Sünde und Sündern kommen, ohne dass er aufhört Gott zu sein. Gott ist heilig und gerecht. Aber in dem Sinn, dass er heiligt und für Gerechtigkeit sorgt.

Ich wünsche mir eine Christenheit, die mit den eigenen Unzulänglichkeiten barmherzig umgeht. Ich wünsche mir Leiter, die den eigenen inneren Feind lieben lernen, die eigene Schwächen umarmen können und zuallererst barmherzig mit sich selbst sind. Denn Gott ist es schon längt.

Denn das wird eine Umgebung der Liebe schaffen, in der Menschen die heilende und verändernde Kraft Gottes erfahren können.

– Jason


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