Ist es nicht seltsam auffällig? Die Bibel wurde von ungefähr 40 Autoren geschrieben. Darunter sind Menschen wie Paulus, Lukas, Johannes, Jesaja, David – aber in der Liste der Autoren wird man eine Person vergeblich suchen:
Jesus.
Nicht ein geschriebener Satz stammt aus seiner Feder! Uns ist rein gar nichts überliefert, was er geschrieben hat.
Auch im Alten Testament scheint Gott wenig auf den Schriftverkehr zu geben. Bis auf die Zehn Gebote und einen Satz an der Wand eines babylonischen Königs hat er uns nichts schriftliches Zukommen lassen. Gott kommuniziert weniger schriftlich, er nutzt in der Regel Menschen dazu:
Viele Male und auf verschiedenste Weise sprach Gott in der Vergangenheit durch die Propheten zu unseren Vorfahren. Jetzt aber, am Ende der Zeit, hat er durch seinen eigenen Sohn zu uns gesprochen.
– Hebräer 1
Das ist eben das besondere an der christlichen Tradition: Sie ist eigentlich kein Bücherglaube.
Gott hat sich im Grunde anders mitgeteilt.
Gott ist recht kreativ darin, wie er zu uns durchdringt. (Einmal hat er sogar einen Esel genutzt). Aber den Höhepunkt von Gottes Reden bildet zweifellos, dass er selber Mensch wurde und somit seine eigene Botschaft für uns verkörpert hat. Das Wort wurde Fleisch und zog in die Nachbarschaft.
Das interessante ist, dass Bibel sich damit in gewisser Weise selber zurücknimmt und den Fokus auf Jesus legt: Er ist das Wort Gottes. Er ist die Wahrheit, er ist der Weg und das Leben. Er ist Subjekt der Bewunderung und Anbetung – nicht ein Buch.
Jesus selber hat das einmal auf den Punkt gebracht. Da gab es dieses Streitgespräch mit den Pharisäern, die sich sehr intensiv mit den heiligen Schriften auseinandergesetzt hatten. Ihnen sagt Jesus folgendes:
Ihr forscht in der Schrift, weil ihr meint, durch sie das ewige Leben zu finden. Aber gerade die Schrift weist auf mich hin. Und doch wollt ihr nicht zu mir kommen, obwohl ihr bei mir das Leben finden würdet.
– Johannes 5
Gott ist weniger daran gelegen, dass Menschen eine Verbindung zu seinem Buch finden. Es geht ihm darum, dass dieses Buch auf Ihn selber hinweist. Mit Gott sollen wir verbunden sein. (Ich liebe ja auch nicht den Liebesbrief, sondern meine Frau)
Theologisch gesprochen kann man es so ausdrücken: Die Bibel ist insofern Gottes Wort, als dass sie zuverlässig Zeugnis von dem wahren Wort Gottes gibt: Jesus Christus. Inspiration meint, dass Menschen so von der Gegenwart des Mensch gewordenen Gottes eingenommen wurden, dass ihre Schriften als inspiriert gelten können.
Die Unterscheidung wirkt vielleicht kleinkariert (Das ist sie bestimmt auch). Aber sie enthält gewaltige Rückschlüsse für unser Leben.
Der Glaube an ein Buch produziert nämlich verkopfte Menschen. Das sind diese Typen, die grundsätzlich immer Recht haben, auf alles mit einem Bibelspruch antworten können – und man selbst dabei jedes Mal den Reflex unterdrücken muss, ihnen an den Hals zu springen…
Menschen mit einem Buchglauben können viele Argumente finden, aber was ihnen fehlt ist eine echte Spiritualität. Sie mögen über Gott reden, aber sie haben nie von ihm selbst gehört. Sie haben biblische Überzeugungen und doch ist ihr Wesen nie von Gottes Geist umgekrempelt worden. Sie verstehen die Schrift, aber sie haben verlernt von Gottes Gegenwart überwältigt zu sein. Lehrsätze können klug und richtig sein, aber sie von sich zu geben sagt noch nichts darüber aus, ob ein Mensch ein lebendiges Herz hat.
Außerdem zwingt der Buchglaube zum nachdenken. (das soll ja auch hier und da helfen). Nur ist Nach-denken immer ein aus der Gegenwart heraustreten. Wer nachdenkt, der hingt der Gegenwart hinterher. Der kann Gott nicht im Hier und Jetzt wahrnehmen und Teil dessen sein, was er im Moment tut. Reflexion und Nachdenken ist wichtig. Und doch ist Gott ein lebendiger Gott, dem wir im Hier und Jetzt begegnen können.
Schließlich ist ein verkopfter Glaube dazu geneigt, Gott kontrollierbar zu machen. Schrift ist statisch, ist abstrakt, übersichtlich und in Sätzen geordnet. So möchten wir Menschen Gott auch gerne haben. So ist er aber nicht zu haben.
Es gibt wahrscheinlich nur eine Sache, die noch bedenklicher ist, als ein verkopfter Glaube. Und das ist ein kopfloser. Und das ist der Grund, warum die Bibel unersetzlich ist.
Die Bibel ist für uns unersetzlich, nicht weil sie der Gegenstand des Glaubens ist. Sie hilft, unserem Glauben die Tiefe zu geben. Und das ist keinesfalls ein rein intellektuelles Geschehen. Die Bibel ist ein wildes, unbändiges Buch. Wenn wir sie sezieren und versuchen, Gott mit der Bibel in eine Kiste zu sperren – gut, das führt zu nichts. Aber wenn wir uns auf diesen Gott einlassen und ihm erlauben, durch die Bibel unser Leben zu formen, dann passieren verrückte Dinge.
Was soll man also mit der Bibel anfangen?
Am besten einfach lesen.
– Jason
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