Warum das Kreuz Teil 2: Die Sache mit der Vergebung

Verschiedene Bibelstellen stellen einen Zusammenhang her, zwischen dem Tod Jesu und der Vergebung von Sünden. Dazu ist mir immer wieder folgende Erklärung begegnet: Da ein heiliger und gerechter Gott meine Sünde nicht ohne Konsequenzen durchgehen lassen kann, muss Gott mich bestrafen. Um mich vor dieser Strafe zu retten, übt er sie an Jesus aus. So muss ich die Strafe nicht erleiden und Gott hat der Gerechtigkeit genüge getan und kann mir die Schuld vergeben. Es gibt wenigstens zwei Dinge, die mich an diesem Verständnis stark stören, nämlich was es über uns Menschen sagt und zweitens, was es über Gott sagt.

Zum einen sagt diese Deutung des Todes Jesu, dass wir Menschen aus Gottes Sicht so schlecht sind, dass wir nichts anderes als die schlimmste Todesstrafe verdient haben. Durch diese Sichtweise werden wir Menschen durch unsere dunkelsten Seiten definiert, wir sind demnach völlig verdorbene Sünder, an denen nichts Gutes ist. Wer so glaubt, wird krank und macht andere krank. Sinkt diese Theologie in unser Innerstes, dann vergiftet sie uns. Außerdem ist diese Sichtweise nicht kompatibel mit unserer Lebenswelt:

Man stelle sich vor, dass ich mit meinem Sohn auf den Spielplatz gehen würde. Und natürlich würde ich ihm helfen, auf einen Baum zu klettern, echte Kerle sind mutig. Aber dann würde der Kleine ausrutschen, ungünstig fallen und hätte anschließend ein Stück von einem Ast im Körper stecken. Natürlich würde ich schnell den Notarzt rufen und der Kleine würde in ein Krankenhaus geflogen werden. Einige meiner Freunde sind gerade gerade dabei, die letzten Schritte ihrer Facharztausbildung hinter sich zu bringen. Da ist beispielsweise Lisa, sie möchte gerne Chirurgin werden. Angenommen, Lisa würde meinen Sohn jetzt auf den OP Tisch bekommen, was würde ich wohl lieber haben, wie Lisa an diesem Tag über sich selber denkt? Was wäre, wenn sie denken würde, dass sie nichts wert ist, dass sie unfähig ist, voller Fehler, unwürdig und schlecht? Was wenn sie glaubt, dass sie es nicht verdient hat, Ärztin zu sein und dass sie zu nichts gut ist? Nein, in diesem Moment möchte ich, dass Lisa über sich denkt, dass sie gut ausgebildet ist, dass sie eine tolle Ärztin ist und weiß, was sie tut, ja dass sie glaubt einen Unterschied in dieser Welt zu machen. Ich will, dass sie gefasst ist und selbstbewusst an sich glaubt, auch wenn sie vor großen Herausforderungen steht. Und deswegen soll sie in den OP-Saal gehen und aus dieser gesunden Haltung heraus das Leben meines Jungen retten.

Es geht nicht darum zu leugnen, dass wir schlechten Seiten haben oder dass wir je nach Umständen zu den schlimmsten Dingen fähig sind und auf Gottes Vergebung und Gnade angewiesen sind. Es geht darum, dass unser Schöpfer nach seinem Schöpfungswerk über uns gesagt hat „sehr gut“. Das sollte uns definieren. 

Zweitens: Diese Theologie beschreibt Gott als gänzlich unfähig zur Vergebung. Denn wenn seine Antwort auf Unrecht das Zufügen von Übel ist, dann kann man das Vergeltung, Rache oder Genugtuung nennen – aber eben nicht Vergebung. Denn Vergebung ist ja gerade der Verzicht auf Rache. Wenn Vergebung für Gott heißt, dass er Sünde zunächst bestraft und erst dann als bereinigt ansieht, wie sollen wir dann mit Eph 4,32 umgehen? Dort heißt es: „Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus.“ Kann ich dann meinem Nächsten nur vergeben, wenn jemand anderes dafür ins Gras beißt?

Ich glaube an einen vergebenden Gott, der gnädig und barmherzig ist. Dieser Gott hat das Kreuz nicht instrumentalisiert, um Menschen vergeben zu können. Gott kann Sünde vergeben, auch ohne dass jemand dafür bestraft wird. Dass Jesus am Kreuz gestorben ist, hat nichts mit einem kosmischen Mechanismus zu tun, der es Gott erst ermöglicht, mit uns Menschen ins Reine zu kommen. Wenn Jesus 80 Jahre alt geworden wäre, dann hätte Gott uns auch vergeben können. Wohlmöglich wäre das sogar besser gewesen, wer weiß was Jesus noch alles bewirkt hätte.

Aber ist Gott dann nicht ungerecht, wenn er Sünden „einfach so“ vergibt? Ein Richter muss ja auch das Gesetz anwenden und darf Schuldige nicht begnadigen? Das hängt davon ab, was man unter Gerechtigkeit versteht. Was für mich jedenfalls deutlich scheint ist, dass wenn Gott einen Unschuldigen für meine Sünden bestraft hätte, dass so etwas ganz sicher nicht gerecht ist. Niemand kann für die Schuld eines anderen im Namen von Gerechtigkeit leiden. Vielleicht kommt man also weiter, wenn Gerechtigkeit als „Recht schaffen“ versteht. Demnach wäre Gott gerecht, wenn er seinen Versprechen entsprechend die Dinge wieder in Ordnung bringt, die durch die Sünde zerstört werden. .

Aber dennoch gibt es einen wichtigen Zusammenhang zwischen dem Kreuz und der Sündenvergebung. Paulus sagt, dass Gott in Christus war und die Welt mit sich versöhnte. Ich meine, dass Gott am Kreuz Versöhnung gelebt hat. Wer sich fragt, ob Gott ein vergebender Gott ist, der muss ans Kreuz blicken. Dort hängt der Mensch gewordene Gott und spricht die Worte „Vater, vergib ihnen“. Das sagt alles darüber aus, wie Gott mit Sünde umgeht. Am Kreuz sehen wir nicht das, was Gott Jesus aufgebürdet hat, um uns vergeben zu können, wir sehen welche Bürde wir Gott auferlegt haben, welche Bürde Gott für uns erträgt, weil er uns vergeben will. Das ist es was die Worte meinen: Jesus ist für unsere Sünden gestorben.

Aber es heißt doch immer, dass Jesu Tod ein Opfer für die Sünden war? Nächster Beitrag: Die Sache mit dem Opfer.

– Jason


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Eine Antwort zu „Warum das Kreuz Teil 2: Die Sache mit der Vergebung“

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