… unterwegs. Was wenn das Abenteuer zum Aufgeben ist? (Talk vom 05.10.2014)

Heute ist es endlich so weit.

Das Gebirgsmassiv mit den drei Berggipfeln, die die Wolken am Bauch zu kitzeln scheinen, liegt direkt vor ihnen.

Die Gruppe Bergsteiger steht menschenklein am Fuß dieser riesigen Berge und verrenkt sich die Köpfe, um überhaupt die Spitze hoch über ihnen trohnend erblicken zu können.

Jahrelang hatten sie für diesen Tag geübt. Ausrüstung gesichtet und teuer erstanden. Bücher gelesen und wilde Bergsteigergeschichten von Gipfelstürmern angehört. Zuerst kleine Hügel schnaufend hinaufgestampft, später Kletterwände schwitzend überwunden und schließlich kleine und größere Berge – einer Gemse gleich – leichtfüßig erstiegen.

Keine Frage. Sie waren vorbereitet. Vorbereitet auf die Besteigung des Riesenberges. Vorbereitet, mehrere Tage am Stück gegen Berg und Felswände anzukämpfen, um dem Gebirge an seinem höchsten Punkt am Ende auf dem Kopf herum zu tanzen.

Strahlender Sonnenschein, ein leichter Auftriebswind und eine Gruppe gut gelaunter Bergsteiger mit Rucksäcken voll Motivation, Power und Zuversicht. Den Blick auf den Gipfel gerichtet.
So beginnt der Aufstieg.

Die Bergsteiger kamen gut voran. Der Gipfel reckte sich vor ihnen, wie ein lockendes Ziel. Alle Augen richteten sich darauf. Jeder tat, was der Gruppe nützte, und so war es, als klettere einer für den anderen und der andere für den einen. So hatten sie es gelernt, so hatten sie es geübt.

Am dritten Tag verändert sich etwas.
Der Berg mit seinem Gipfel war noch da – von nichts aus der Ruhe zu bringen und unveränderlich.
Die Gruppe Bergsteiger war auch noch da – aber sie kam kaum noch voran. Mit anscheinend leeren Rucksäcken und verbrauchter Motivation, Power und Zuversicht im Herzen stapfen sie mit gesenktem Blick langsam voran.
Warum?
Vielleicht weil etwas Neues da war? Oder etwas fehlte? Oder beides?

Der Blick auf den Gipfel war ihnen am dritten Tag plötzlich versperrt worden. Wolken waren aufgezogen und verdeckten den Himmel, den der Berggipfel durchschnitt.

Keiner dachte mehr an das hohe Ziel. Erschöpfung machte sich breit. Die Reizbarkeit nahm zu und hier und da hörte man Klagen. Der Lügendetektor brummte, wenn sich jemand freundlich über den anderen äußerte. Es war, als klettere keiner für den anderen und niemand für sich.

Das geht zwei Tage lang. Dann kehren sie um. Ihre Ausrüstung lassen sie am Berg liegen, weil sie ihnen so schwer erscheint. Trotzdem beladen und mit hängenden Schultern trotten sie ins Tal.

Die Bergsteiger sind am Boden. Am Boden des Berges angekommen und am Ende der Kräfte. War alles umsonst, alles eine Lüge?
Als sie sich in einer Hütte stärken, reißt der Himmel auf und die Sonne bescheint den Berggipfel.
Einer holt sehnsüchtig sein Fernglas raus und will sich die Spitze des Berges noch einmal aus der Nähe ansehen – wenn die Nähe auch nur Illusion ist.

So zieht er sein Glas und schaut hindurch und seine Augen werden groß.
Was denn sei, fragen ihn die anderen und er kann nichts sagen – so groß ist sein Staunen und sein verstehen.
Er reicht das Glas weiter und die anderen nehmen auch einen Blick daraus. Auch ihre Augen werden groß.
Die Nähe zum Berggipfel, die das Glas ihnen schenkt, die ist Illusion – sie sitzen ja hier in der Hütte – total am Boden. Aber das Glas offenbart, wie nahe sie dem Gipfel wirklich waren. Keine 500 Meter unterhalb der höchsten Spitze, sehen sie ihre Ausrüstung am Berg liegen.

Schöne Geschichte, sagst du vielleicht.
Vielleicht auch: Wie traurig.
Aber was haben Bergsteiger mit durch Wolken bedingter Sehschwäche mit mir zu tun?
Wann passiert schon mal so eine Gipfelgeschichte?

Oft. Viel zu oft, denke ich.
In deinem wie in meinem Leben.
Zu oft sind wir unterwegs zu einem guten Ziel und brechen zwischendurch ab.
Was sind deine Gipfelgeschichten aktuell? Wo bist du unterwegs ? Wo fühlt sich dein Lebensweg an wie ein schwerer Aufstieg, der dir das Gefühl aufdrängen will, dass du diesen Berg bestimmt nicht erklimmen kannst?
Vielleicht, sage ich dann, bist du gerade mittendrin in so einer Gipfelgeschichte hier am Boden.

Nicht nur meine fiktiven Bergsteiger erleben so eine Gipfelgeschichte. Auch die Israeliten vor tausenden Jahren erleben so etwas. Eine Geschichte, die sich über viele Jahre zieht Eine Geschichte, die das Verständnis des Volkes Israel prägen wird wie kaum ein anderes. Eine Geschichte, die verstehen lässt, warum die Israelis heute noch in Israel wohnen, obwohl sie rund herum bedroht und selbst so klein sind.
Einzelteile davon habt ihr in den letzten Wochen gehört. Wir machen heute mal einen kleinen Überflug über diese Geschichte.

Heute ist es endlich so weit.
Der Auszug aus Ägypten, aus der Sklaverei – der Exodus in die Freiheit, liegt direkt vor ihnen.

Das ganze Volk der Israeliten steht menschenklein am Start dieser riesigen Reise voller Gefahren und verrenkt sich die Gedanken, um überhaupt das Ziel erahnen zu können. Ein eigenes Land, in dem sie frei und glücklich leben können.
Ein Weg, der wie ein riesiger Berg vor ihnen zu liegen scheint und dessen Spitze kaum zu erahnen ist.
Jahrelang hatten sie auf diesen Tag gehofft. Sie hatten zu Gott geschrien und ihm ihr Leid der Sklaverei geklagt. Hatten von Freiheit und Glück geträumt, von einem zu Hause, in dem sie willkommen sind. Hatten schon gar nicht mehr geglaubt, dass Gott wirklich kann und tut. Mit Mose wieder neues Vertrauen gefast, dass Gott hört; dass Gott hilft, den Berg zu erklimmen, sei er auch noch so steil. Durften erleben, wie Gott sie wundersam aus den Klauen der Ägypter befreit. Waren voller Hoffnung und bereit für den Start. Für den Exodus. Für den Aufstieg auf den Berg der Freiheit.

Keine Frage. Sie waren vorbereitet. Vorbereitet auf die Besteigung des Riesenberges. Vorbereitet, mehrere Tage am Stück gegen Berg und Felswände anzukämpfen, um dem Gebirge an seinem höchsten Punkt am Ende auf dem Kopf herum zu tanzen.

Strahlender Sonnenschein, ein leichter Auftriebswind und eine Menge gut gelaunter Israeliten mit Rucksäcken voll Motivation, Power und Zuversicht. Den Blick auf den Gipfel gerichtet.
So beginnt der Aufstieg.

Die Israeliten kamen gut voran. Der Gipfel reckte sich vor ihnen, wie ein lockendes Ziel. Alle Gedanken und Sehnsüchte richteten sich darauf. Jeder tat, was der Gruppe nützte, und so war es, als klettere einer für den anderen und der andere für den einen. So hatten sie es gelernt, so hatten sie es geübt.

Aber dann verändert sich etwas.
Der Berg mit seinem Gipfel war noch da – von nichts aus der Ruhe zu bringen und unveränderlich. Gott und sein Versprechen waren da. Unabänderlich.
Die Volksmenge der Israeliten war auch noch da – aber sie kam kaum noch voran. Mit anscheinend leeren Rucksäcken und verbrauchter Motivation, Power und Zuversicht im Herzen stapfen sie mit gesenktem Blick langsam voran.
Warum?
Vielleicht weil etwas Neues da war? Oder etwas fehlte? Oder beides?

Der Blick auf den Gipfel war ihnen plötzlich versperrt worden. Wolken waren aufgezogen und verdeckten den Himmel, den der Berggipfel durchschnitt. Zuerst die Ägypter, die sie mit ihrem Heer verfolgten, dann fehlendes Essen, fehlendes Wasser, scheinbar endlose Wege, ohne das Gefühl dem Ziel näher zu kommen.

Keiner dachte mehr an das hohe Ziel. Erschöpfung machte sich breit. Die Reizbarkeit nahm zu und hier und da hörte man Klagen. Der Lügendetektor brummte, wenn sich jemand freundlich über den anderen äußerte. Es war, als klettere keiner für den anderen und niemand für sich.

Das geht ziemlich lang. Als sie Kundschafter in das Land vorschicken können, um sich dort umzusehen – als sie hören, welche Hindernisse bis zum Gipfel noch zu überwinden sind. Da wollen sie umkehren. Ihre Ausrüstung liegenlassen, weil sie ihnen so schwer erscheint. Trotzdem beladen und mit hängenden Schultern.

Die Israeliten sind am Boden. Am Boden der Hoffnungen und Sehnsüchte angekommen, am Ende der Kräfte und am Ende des Vertrauens auf Gott. War alles umsonst, alles eine Lüge?

Aber Gott lässt sie nicht gehen – zurück in die Sklaverei. Zurück in die Hoffnungslosigkeit. Zurück auf Anfang. Nicht über Los. Keine 2000€ einziehen. Und sie lassen sich von Gott aufhalten, dem Drang des Zurück nachzugeben.
Er lässt sie weiter wandern. Gibt ihnen lange Zeit, sich zu besinnen, zu beruhigen. Den Blick wieder auf das Ziel zu richten. Gottes Rückenwind zu spüren und sich von ihm tragen zu lassen.

Und dann. Dann stehen sie da. Auf einem wirklichen Berg. Der Himmel reißt für sie auf und voller Sehnsucht halten sie die Hand über die Augen, um besser in die Ferne sehen zu können. Aber das versprochene eigene Land voller Freiheit ist keine Illusion, liegt nicht mehr weit weg – es liegt da. Vor ihnen. Zum Greifen nah.

So heben sie die Hände an die Augen, schauen vom Berg auf das Land und ihre Augen werden groß.
Was denn sei, fragen die, die hinten stehen und nicht sehen können. Aber die Vorderen können nichts sagen – so groß ist ihr Staunen und ihr verstehen.
Sie treten zur Seite und lassen die anderen einen tiefen Blick in das Bild nehmen, das sich ihnen bietet. Auch ihre Augen werden groß.
Sie sind da. Da liegt ihr Land. Von Gott geschenkt. Mit Freiheit an jeder Ecke und Glück an jeder Rundung. Direkt vor ihnen.
Sie sind da. Kein Blick zurück mehr, Der Auftsieg, der Weg, die Hindernisse, Strapazen und Zweifel sind mit einem Augenaufschlag vergessen. Der Anblick des Ziels, das Gefühl gestillter Sehnsucht und Hoffnung, lässt alles andere verblassen.
Wie schwer der Weg auch gewesen sein mag. Er hat sich gelohnt.
Schöne Geschichte, sagst du vielleicht.
Vielleicht auch: Wie traurig. Wie schön.
Aber was haben Israeliten mit durch Schwierigkeiten bedingter Hoffnungs- und Vertrauensschwäche mit mir zu tun?
Wann passiert schon mal so eine Gipfelgeschichte?

Oft, sage ich dann. Aber leider noch nicht oft genug.
Vielleicht, sage ich dann, bist du gerade mittendrin in so einer Gipfelgeschichte hier am Boden.
Wir sind unterwegs. als mosaik, als Familien, als Einzelne.
Wir sind dabei nicht allein. Wir haben uns gegenseitig – und wir haben Gott.

Unser Leben ist manchmal leicht und entsprechend leichtfüßig zu begehen. Aber meistens ist das nicht. Oft heisst es: Vorsicht; unwegsames Gelände voraus. Oft heisst es: Hier wirds steil. Besser anleinen, damit nicht der kleinste Fehltritt zur Katastrophe führt.

So ist das beim richtigen Bergsteigen. So war und ist das bei den Israeliten. So war und ist das in der Arche. So ist das, wenn meine Beziehung schwierig wird. Wenn ich mit meinem verfügbaren Geld an die Grenzen des Nötigen komme. Wenn die Arbeit mehr Frust als Lust erzeugt. Wenn wir als community Entscheidungen treffen, die nicht allen gefallen. Wenn ich nur eine klitzekleine meiner negativen Angewohnheiten ändern will. Wenn ich versuche, ein kleines bisschen weniger Schokolade zu essen – oder noch schlimmer: Kaffee zu trinken. Wenn ich mein leben nach Gott ausrichten und mit ihm unterwegs sein will. Wenn das lang ersehnte Kind anscheinend von niemandem erzählt bekommen hat, wie schlafen funktioniert und dass das durchaus nützlich ist und und und

Wir sind unterwegs und das ist oft zum Aufgeben.
Aber nur, wer durchhält, kommt zum Ziel

Leben ist oft zum Aufgeben – aber Gott bringt uns ans Ziel.

Gott weiß, wie anstrengend unser Leben im Unterwegssein oft ist. Gott sieht durch den Nebel unserer Sorgen und unserer Ängste. Er kennt das Ziel – und den Weg dahin.

Deswegen bietet er mir an, dass er zuhört. Sich meine Träume, Ängste und Sorgen anhört. Ich ihm mein Herz ausschütten darf. Mich von ihm in den Arm nehmen lassen kann.
Wenn ich das zulasse, dann richtet er mit seiner Hand meinen Kopf auf – vom Boden zum Himmel – von den Schwierigkeiten und Dingen, die einfach zum Aufgeben sind hin zu ihm, der mich liebt, der mich tragen und mir helfen will. Der mit mir gemeinsam unterwegs ist zum Ziel.

Die Israeliten wussten, dass Gott so ist. Und dass es die weltbeste Idee ist, seinen Blick, seine Hoffnungen auf Gott ruhen zu lassen und mit ihm gemeinsam berzusteigen.

Deswegen hat jemand, der ein bisschen an der Bibel mitschreiben durfte, ein Lied dazu geschrieben. Das steht im Psalm 121 – und den schauen wir uns jetzt an.

Wo steckst du als Mensch, wo steckst vielleicht mit deiner Familie, wo stecken wir als mosaik gerade mitten in einer Bergwanderung, die zum Aufgeben ist?
Mal dir das vor Augen und dann lass dir dazu das eben Gehörte zusammen mit diesem biblischen Lied hier mal gedanklich auf der Zunge zergehen.

Präsentation zu Psalm 121 (http://www.e-water.net/?lng=de)


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