#Verbunden #wiedergeburt #ruach

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Wir sind alle miteinander auf ganz unterschiedliche Weisen verbunden. Das ist die Grundthese der Serie. Was wir kaufen hat einen Einfluss auf Menschen am anderen Ende der Erde. Was wir Essen, wie wir uns fortbewegen, all das hat einen Einfluss auf unsere Umwelt und auf andere Menschen.

In diesem Post möchte ich darauf eingehen, wie Gott in diese Weltsicht hineinpasst. Und auch hier würde ich die These vertreten, dass wir alle mit Gott auf unterschiedliche Weise verbunden sind.

Vielleicht erschließt sich dieser Gedanke aber nicht so schnell, denn zumindest der christliche Glaube wird häufig als Weg verstanden, wieder mit Gott in Verbindung zu treten. Die Grundthese der Christenheit scheint genau andersherum zu lauten: Wir sind alle von Gott getrennt. Demnach wäre die Aufgabe von Kirche und Religion, Menschen wieder mit Gott in Verbindung zu bringen.

Im christlichen Glauben hat sich hierfür der Begriff „Wiedergeburt“ oder „Bekehrung“ durchgesetzt. Damit meinen viele ein Erlebnis, bei dem sie Gott um Sündenvergebung gebeten haben und das eigene Leben nun Gott widmen möchten.

Ich selber habe solche Erlebnisse auch gehabt und glaube nach wie vor, dass hier etwas Wahres und Echtes passiert ist. Im Laufe der Jahre habe ich allerdings so meine Zweifel und Anfragen an dem größeren Denkhorizont gehabt, in den ich diese Erfahrungen einsortiert habe.

Deswegen geht es mir jetzt darum, den Rahmen neu zu denken, so dass die Erfahrungen ihre Bedeutung und Tiefe erhalten, aber in einem größeren Zusammenhang verstanden werden können.

Dazu möchte ich auf einen Bibeltext eingehen, indem Jesus selber das Thema Wiedergeburt angegangen ist. Es geht um diese Geschichte aus Johannes 3, in der ein führender jüdischer Politiker und Religionsführer Jesus in der Nacht aufsucht und Jesus – wie Politiker das schon einmal machen – mit geschwollenen Worten versucht, um den Finger zu wickeln. Jesus lässt sich darauf allerdings nicht ein und antwortet, indem er offensichtlich das Thema wechselt. Ziemlich direkt redet Jesus über die Wiedergeburt:

Einer der führenden Männer des jüdischen Volkes, ein Pharisäer namens Nikodemus,  suchte Jesus einmal bei Nacht auf. »Rabbi«, sagte er zu ihm, »wir wissen, dass du ein Lehrer bist, den Gott gesandt hat. Denn niemand kann solche Wunder tun wie du, wenn Gott nicht mit ihm ist.«  Jesus entgegnete: »Ich sage dir: Wenn jemand nicht von neuem1 geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.« –  »Wie kann ein Mensch, wenn er alt geworden ist, noch einmal geboren werden?«, wandte Nikodemus ein. »Er kann doch nicht in den Leib seiner Mutter zurückkehren und ein zweites Mal auf die Welt kommen!«  Jesus erwiderte: »Ich sage dir eins: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht ins Reich Gottes hineinkommen.  Natürliches Leben bringt natürliches Leben hervor; geistliches Leben wird aus dem Geist geboren. Darum sei nicht erstaunt, wenn ich dir sage: Ihr müsst von neuem geboren werden.  Der Wind weht, wo er will. Du hörst zwar sein Rauschen, aber woher er kommt und wohin er geht, weißt du nicht. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist.«  »Aber wie kann das geschehen?«, fragte Nikodemus.  »Du als Lehrer Israels weißt das nicht?«, entgegnete Jesus.  »Ich will dir etwas sagen: Wir reden von Dingen, die wir kennen; das, was wir bezeugen, haben wir gesehen. Wir bezeugen es, aber ihr nehmt es nicht an.  Und da ihr mir nicht einmal glaubt, wenn ich über die irdischen Dinge zu euch rede, wie werdet ihr mir dann glauben können, wenn ich über die himmlischen Dinge zu euch rede?  Es ist noch nie jemand in den Himmel hinaufgestiegen; der Einzige, der dort war, ist der, der aus dem Himmel herabgekommen ist – der Menschensohn.  Und wie Mose damals in der Wüste die Schlange erhöhte, so muss auch der Menschensohn erhöht werden,  damit jeder, der glaubt, in ihm das ewige Leben hat.

-Johannes 3

In der Antwort von Jesus geht es also vor allem um das Reich Gottes, um den Geist und um Wiedergeburt. Ich möchte alle drei Begriffe kurz erklären und aufzeigen, wo der Zusammenhang liegt:

Was ist das #Reich Gottes?

Dieser Begriff stammt aus der jüdischen Bibel, aus dem jüdischen Glauben. Dahinter steckt die Vorstellung, dass es einmal eine Zeit geben wird, in der nicht menschliche Könige und Herrscher diese Welt regieren, sondern Gott. Gottes Herrschaft würde auf dieser Welt alle Ungerechtigkeit verbannen, dem Bösen ein Ende setzen und diese Welt wieder in Ordnung bringen. Die Juden nennen dies auch Olam-haba (zukünftige Welt) oder Tikum-Olam (Heilung der Welt).

Für Juden ist nun klar, dass das Reich Gottes dann da ist, wenn auf der Welt keine menschlichen Herrscher mehr an der Macht sind, sondern Gott, und wenn diese Welt wieder in Ordnung kommt.

Im Neuen Testament wird diese Idee nun von Jesus und anderen aufgegriffen und erweitert. Jesus sagt einmal einen sehr zentralen Satz, nämlich:  Die Pharisäer fragten Jesus, wann das Reich Gottes komme. Darauf antwortete er: »Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es an äußeren Anzeichen erkennen kann. Man wird auch nicht sagen können: ›Seht, hier ist es!‹ oder: ›Es ist dort!‹ Nein, das Reich Gottes ist mitten unter euch (oder: „inwendig in euch“).« Lukas 17,21

Das bedeutet, dass dieses Reich jetzt bereits angefangen hat, es ist auf eine Weise bereits angebrochen. Die Herausforderung ist aber die, woran man dieses Reich erkennen kann. Wie kann man es sehen?

Offensichtlich kann man es nicht daran erkennen, dass irgendwelche Könige abdanken und staatliche Strukturen verwinden. Ich glaube, dass Reich Gottes überall da zu erkennen ist, wo diese Welt heil wird.

Einmal fragte Johannes der Täufer Jesus: „Bist du der von Gott gesandte König, der Messias, mit dem das Reich Gottes beginnt?“ (Matthäus 11, 2f.) Jesus beantwortet diese Frage nicht. Er verweist auf das, was geschieht. „Blinde sehen, Lahme gehen, Kranke werden auf den Weg der Heilung gebracht.“ (Matthäus 11,5) Zeichen des Anbruchs der Herrschaft Gottes sind dort wahrzunehmen, wo Menschen heil werden.

Was uns zu dem zweiten Begriff bringt: #Geist.

Was auch immer Geist ist, was wir über Geist wissen ist, dass Geist nicht zu sehen ist. Interessant, man kann das Reich Gottes nicht sehen, man kann Geist nicht sehen.

In der Bibel ist der Geist Gottes immer etwas, das etwas anderes hervorbringt. Der Geist Gottes schafft etwas, belebt etwas und gestaltet aus Chaos etwas Schönes. Die Bibel fängt mit dem Geist Gottes an (hebr.„Ruach“), der über dieser Ursuppe schwebt und kreativ wird, so dass am Ende diese Schöpfung dabei entsteht.

Dieser Geist Gottes ist meiner Meinung nach die treibende Kraft hinter dem, was wir heute Evolution nennen.

Es ist sehr interessant, wie das bereits in der Schöpfungserzählung in Worte gepackt wird. Es heißt dort, dass Gott sprach und die Dinge wurden. Ich glaube, dass hier schon ganz fundamental angedeutet wird, wie Gott mit dieser Welt zusammenhängt. Es heißt ja eben nicht, dass Gott wie eine Art Handwerker diese Welt formt. Hier wird nichts von Händen gesagt, nichts von Werkzeugen oder Bauarbeiten. Hier wird von Worten geredet.

Diese Schöpfungserzählung geht davon aus, dass da diese Ursuppe war, und Gott damit in ein Gespräch tritt. Gott lockt diese Chaos zu einer anderen Zukunft, Gott schenkt Möglichkeiten zur Entwicklung. Diese Worte sind Möglichkeiten, Entwicklungsangebote. Deswegen sagen Manche, dass Gott der große Entwicklungshelfer ist.

Der Geist Gottes ist also schon immer in einem Gespräch mit dem gesamten Universum. Mit jedem einzelnen Molekül. Und auf einer sehr primitiven Ebene haben alle Elementarteilchen dieser Welt die Möglichkeit, auf diese Worte zu antworten, sich neu zu formieren und neu zu organisieren. Das Universum hat also eine Art freien Willen. Und Gott kann und wird diesen „freien Willen“ nicht übergehen. Ein Theologe hat es einmal so formuliert: „Gott tut nichts in der Welt, es sei denn er tut es durch uns“.

Gott arbeitet also nicht mit Zwang in dieser Welt, sondern partnerschaftlich, mit überzeugenden Worten sozusagen. Das ist so, weil Gott Liebe ist. Gott drückt dieser Welt nicht seinen Plan auf, sondern schafft immer neue Möglichkeiten zur Entwicklung. Die Welt, so wie sie jetzt ist, das ist das was Gott kann, was Gott durch das Gespräch hervorgebracht wurde.

Aber Gottes Geist ist auch in der Menschheit wirksam. Ich glaube, dass es Gottes Geist war, der uns Menschen hat weiterentwickeln lassen. Wo unsere Vorfahren noch primitive Menschenopfer dargebracht haben, um Gottheiten zu besänftigen, da hat Gott die Idee ins Gespräch gebracht, dass Menschen auch durch Barmherzigkeit und Gerechtigkeit Abbitte schaffen können. Ein ganz wichtiger Schritt weg von diesen barbarischen Riten (#Transformation der Blutriten). Da wo Frauen und Sklaven als Besitz galten, hat der Geist die Idee von Menschenwürde ins Gespräch gebracht.

Das heißt, dass Gottes Geist mit dieser Welt in einem Prozess steckt. Diese Welt steuert auf ein gutes Ziel. Und Gottes Geist ist die Triebkraft, ist Gottes Liebe, die diese Welt zu diesem guten Ziel hinbewegen will.

Wenn ich vorhin sagte, dass Gott mit jedem Menschen verbunden ist, dann meine ich damit diesen Dialog des Geistes Gottes, der mit der gesamten Schöpfung im Gespräch ist und alles in seine gute Zukunft lockt.

Jetzt wird auch klar, wie „Reich Gottes“ und „Geist“ zusammenhängen. Das Reich Gottes ist das „Ziel“, auf das der Geist Gottes hinarbeitet.

Was uns zu dem letzten Begriff bringt: Neu geboren werden #Wiedergeburt

Wenn es stimmt, dass Gott bereits mit jedem von uns in einem Gespräch ist, dass Gottes Geist uns in eine bessere Zukunft Lockt, dass unser Leben immer und immer wieder vollgepumpt wird mit Möglichkeiten, wenn alles in einem Prozess mit gutem Ziel ist, dann ist die Herausforderung genau das:

Wir müssen es sehen. Wir müssen es erkennen. Es ist erstaunlich, dass Jesus im Gespräch mit Nikodemus zunächst sagt, dass wer nicht neugeboren wird, das Reich Gottes nicht sehen kann.

Ich habe mir die Mühe gemacht, und einmal die Kapitel vor und nach dieser Episode zu lesen und darauf zu achten, wo es überall um das Sehen geht. Es geht dauernd darum. Und immer scheint es so, dass es ein natürliches Phänomen gibt, aber Jesus dem Ganzen eine tiefere Bedeutung zumisst.

Wenn wir geboren werden, dann ist das eine gewisse Form von Aufwachen. Irgendwann kommt der Zeitpunkt in der frühkindlichen Entwicklung, an dem ein Kleinkind erkennt, dass es ein Individuum ist. Vorher ist für das Kind alles eins. Aber wenn das Kind erkennt, dass es eine eigenständige Person ist, dann dringt es zu einem neuen Bewusstsein vor. Dann sieht es die Welt mit anderen Augen.

Es ist ja nicht so, dass die Welt nicht schon vorher da gewesen ist. Aber das Kind wird sich dem irgendwann bewusst und kann diese Welt sehen. Die Metapher von der Wiedergeburt spielt darauf an.

Es ist nicht so, dass diese zukünftige Welt, auf die der Geist Gottes hinarbeitet, nicht schon hier ist. Wir können sie nur nicht sehen. Und wenn wir sie nicht sehen können, dann wird es schwer, ein Teil davon zu sein. Was wir brauchen ist also eine Art Bewusstseinserweiterung.

Ok, das hört sich sehr esoterisch an.

Es geht aber darum, zu sehen, was der Geist Gottes gerade tut, zu hören was Gott mir zu sagen hat und in dieser Zukunft zu leben, die Gott ermöglichen will.

Ich glaube, dass ich solch ein Erfahrung als Teenager hatte. Ein Schulkameraden aus Bosnien fragte mich, ob ich mit ihm zu einem Probetraining einer Mannschaft in der Gegend gehen würde. Da ich immer schon einmal in einem Verein Fußball spielen wollte, was das eine willkommene Gelegenheit.

So kam der Tag des ersten Probetrainings. Ich ging also nach der Schule zur Bushaltestelle, um zuhause mein Sportzug zu holen. Der Bus kam und ein Pulk Jugendlicher drängte heraus – darunter eine ganze Reihe mit Migrationshintergrund. Einer von ihnen sah mich und gab mir beim Aussteigen ein paar Faustschläge mit. Ich überlegte kurz, ob ich den nächsten Bus nehmen sollte, um dem Typen Saures zu geben. Allerdings fuhren die Busse nur halbstündig und ich hatte ja noch etwas vor an diesem Tag.

Am Nachmittag ging ich also wie verabredet zum Sportplatz. Etwas gedankenverloren kam ich am Eingang an und erschrak. Beim Hochgucken sah ich den Prügelknaben vom Bus, er hatte ebenfalls eine Sporttasche und wir liefen uns quasi vor dem Eingang in die Arme. Wir beide überlegten wahrscheinlich, ob es jetzt zu der fälligen Prügelei kommen würde.

Aber irgendeinem Instinkt, Gedankenblitz oder einer Ahnung folgend, setzte ich nicht zum Schlag an, sondern hielt ihm die Tür auf. Es kam nie zu der Prügelei. Stattdessen trat ich für mehrere Jahre diesem Verein bei und machte einige sehr prägende Erfahrungen.

In dieser Mannschaft spielte ich mit Menschen aus unterschiedlichsten Ländern und Hintergründen zusammen. Kurden, Iraker, Bosnier, Israeli, Polen. Ich glaube, dass diese Erfahrung für mein Leben prägend war. Ich denke nicht mehr in Nationalitäten und Kulturkreisen.

Ich weiß nicht, was für ein Mensch ich heute wäre, wenn ich an diesem einen Tag zugeschlagen hätte. Anders herum kann man vielleicht sagen, dass diese Erfahrung eine Art Wiedergeburt war, eine Bewusstseinserweiterung für eine andere Realität, für eine andere Lebensweise.

Ich glaube, dass Gottes Geist in dieser Welt daran arbeitet, dass Menschen mit verschiedenen Hintergründen zusammenleben können. Stichwort Pfingsten. Und in diesem Moment bin ich teil dieser „Pfingstbewegung“ geworden. Auf eine Art habe ich angefangen zu sehen und lebe seither in einer anderen Realität, in der Nationalität keine Grenze darstellt.

In diesem Zusammenhang verstehe ich auch viele andere „Geisterfahrungen“ in meinem Leben. Wiedergeburt wird ja vielfach auch mit Sündenvergebung in Zusammenhang gebracht. Auch hier sehe ich es so, dass Gottes Geist die Menschheit in eine andere Art zu Leben einführen will. Befreit von Schuldgefühl, fähig sich selbst anzunehmen und mit sich selbst im Reinen zu sein. Die Erfahrung zu machen, dass Schuld vergeben ist, das kann Leben verändern. Es gehört für mich in denselben Denkhorizont des Geistes.

Nikodemus stellt eine wichtige und naheliegende Frage: Wie kann das geschehen? 

Jesus sagt ihm, dass es dafür keine Formel gibt. Es ist wie der Wind. Du hast keine Ahnung, wo der Wind herkommt, oder wo er hingeht.

Man kann dieses Wiedergeboren werden nicht produzieren. Es gibt hierfür kein Ritual, man kann es nicht erlernen und es nicht erarbeiten.

Man kann sich dem nur öffnen und es wie ein Geschenk annehmen. Man kann zuhören. Und dann kann man es sehen und darin leben.

Jason


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