Stimmen – Jona der Gerechte (talk vom 13.07.14)
Was ist eigentlich Gerechtigkeit? Was ist gerecht?
Was ist gerecht im Nahostkonflikt? Was gerecht bei spielenden Kindern? Was bedeutet Gerechtigkeit in unserem Sozialsystem, das ganze Familien zu Außenseitern ohne Teilhabe an der Gesellschaft abstempelt und ihnen den (Wieder-)Aufstieg schwer macht?
Schwierig – Dabei sollten wir Christen uns auskennen mit Gerechtigkeit. Schließlich wird sie stark mit Gott in Verbindung gebracht. Z.B. hier Ps71,19 Gott, deine Gerechtigkeit reicht bis zum Himmel; der du große Dinge tust, Gott, wer ist dir gleich?
Jetzt steh wir da. Sollten uns eigentlich auskennen. Tun wir letztendlich aber nicht, wenn wir ehrlich sind.
Weil Gott aber nett ist, hat er uns im AT eine wunderschöne Geschichte hinterlassen, die uns mit dieser Frage weiterhelfen kann.
Hier kannst du selbst mal im Buch Jona in der Bibel nachlesen, was da so steht, bevor es hier im Text weitergeht …
Gerechtigkeit ist lebensspendend
Wenn man sich den Jona ein wenig genauer anschaut, ist der ganz schön lebensmüde. Nicht nur, dass er vor Gott zu fliehen versucht. Nein, er will sich von den Schiffsleuten umbringen lassen, als der Sturm tobt. Damit immer noch nicht genug. Als die Stadt nicht vernichtet werden soll, bittet Jona Gott, dass er ihn doch sterben lassen soll. Als tags drauf der Strauch wegen Wurmbefalls keinen Schatten mehr spendet, wiederholt er diese Bitte. Jona scheint an seinem Leben nicht soooo viel zu liegen. Aber ihm scheint ja auch am Leben der Bewohner Ninives nicht sonderlich gelegen.
Ganz anders Gott! Nicht nur, dass er den lebensmüden Jona per Wal vor dem Ertrinken rettet. Nein, er schenkt Jona auch, dass seine Predigt wirkt und er nicht gesteinigt, massakriert, verspottet oder in die Besucher-Weitwurf-Maschine gesteckt wird. Damit immer noch nicht genug. Als Jona sich gegen Gott und seine Gerechtigkeit auflehnt, lässt Gott ihm über Nacht einen Busch wachsen, der ihn tags drauf vor Sonnenstich und -brand schützt. Gott liegt auch am Leben der Bewohner Ninives so viel, dass er sie ob ihrer Umkehr begnadigt und das vernichtende Gericht aussetzt.
Das zeigt auch, dass es Gott nicht um philosophisch und hochgeistlich verstandenes Leben geht, sondern um Leben in allen Bezügen.
Gottes Gerechtigkeit ist lebensspendend. Gott sagt in Jes 41,10 zu Israel: Fürchte dich nicht, ich bin mit dir; weiche nicht, denn ich bin dein Gott. Ich stärke dich, ich helfe dir auch, ich halte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit.
Gottes Gerechtigkeit ist also zugleich seine Heilsmacht. Sie ist höchstes Gut, ohne das der Mensch gar nicht leben, gar nicht bestehen kann. Gottes Gerechtigkeit schafft, sucht und zielt auf das Leben. Es geschieht quasi durch Gottes Gerechtigkeit, dass man Leben hat und am Leben bleibt. Bei Jona, bei den Leuten von Ninive und auch bei uns.
Deswegen bittet der Psalmbeter Gott auch des Öfteren um seiner Gerechtigkeit Willen, ihn zu erhören (Ps143,1). Austauschbar wird Gott in den Psalmen auch um seiner Gnade Willen um Erhörung gebeten (Ps103,17).
Das Alte Testament sieht und erlebt Gottes Gerechtigkeit also als lebensspendend und als synonym mit seiner Gnade.
Gott fordert Jona unter dem nicht mehr vorhandenen Busch auf, sich dieser Gerechtigkeit gemäß zu verhalten.
Gerechtigkeit ist wegweisend
Gottes Gerechtigkeit weist Jona den Weg. Ganz buchstäblich. Den Weg nach Ninive. Zuerst nur per Audio, dann per Erlebnispädagogikreise im Walbauch. Um der Gerechtigkeit Willen, die das Leben sucht, soll Jona in Ninive predigen. Damit was passiert. Damit die Bewohner ablassen von ihrem Weg ohne Gott und zurückfinden auf den Weg mit Gott.
Das AT spricht im Zusammenhang mit Gerechtigkeit oft vom Weg. Spr12,28: Auf dem Weg der Gerechtigkeit ist leben; aber böser Weg führt zum Tode.
Hos14,10: Denn die Wege des HERRN sind gerecht und die Gerechten wandeln darauf; aber die Übertreter kommen auf ihnen zu Fall.
Gott macht sich in seiner Gerechtigkeit auf den Weg mit seinen Menschen. Er schenkt ihnen Leben und erhält es, z.B. durch lebensfördernde Richtlinien und sein gnädiges Eingreifen.
Gott geht so den Weg mit Jona. Er schenkt ihm sein Leben, und erhält es, selbst als Jona sich gegen Gott wendet. Gott greift gnädig ein, um Jonas Leben Willen.
Gott geht so den Weg mit Ninive. Er schenkt den Bewohnern ihr Leben und erhält es durch lebensförderne Richtlinien. Gott greift (durch Jona) gnädig ein, um des Lebens in Ninive Willen.
Gott fordert Jona auf, sich dieser Gerechtigkeit gemäß zu verhalten. Aber Jona ist meilenweit entfernt davon. Er ist so mit sich selbst beschäftigt, dass er gar nicht merkt: Er beschwert sich bei Gott über ein Vorgehen Gottes, das ihm kurz vorher das Leben gerettet hat.
Gottes Gerechtigkeit ist wegweisend. Sie zeichnet uns den Weg vor, auf dem wir gehen, also leben und handeln sollen.
Richtig verstandene menschl. Gerechtigkeit ist von daher Gott gemäßes Verhalten. Deswegen ist der Gegenbegriff zu Gerechtigkeit im AT nicht etwa Ungerechtigkeit, sondern Schuld, Frevel, Gottlosigkeit.
Deswegen ist da wo sich Menschen der göttlichen Gerechtigkeit entsprechend verhalten, Friede, herrscht Shalom, wird echtes Leben möglich.
Gottes Gerechtigkeit schafft erhält und zielt auf das Leben. Sie zeichnet den Menschen den Weg vor, auf dem sie gehen, leben und handeln sollen, damit Leben geschieht.
Gerechtigkeit ist vernetzend
Zuerst einmal vernetzt sie mit Gott. Sowohl von Gott her, als auch vom Menschen aus gesehen. Wenn ich darum weiß, dass ich Gott mein Leben verdanke, dass er mein Leben – unverdient – erhält. Dann möchte ich seinem Weg folgen, dann freue ich mich über Gott und bin ihm dankbar. Dann strebe ich Frieden mit Gott an.
Gleichzeitig vernetzt mich das aber auch mit anderen Menschen. Schließlich hat Gott auch ihr Leben gnädig erschaffen und will es erhalten. Schließlich sollen auch sie in den Genuss echten Lebens, in den Genuss von Frieden mit Gott kommen. D.h. es kann mich nicht kalt lassen, wo andere nicht den Weg der Gerechtigkeit gehen. Es kann mir keine Ruhe lassen und muss mich zum Beten, Reden und Handeln antreiben, wenn Menschen auf dem bösen Weg wandeln, der zum Tod führt.
D.h. die Gerechtigkeit Gottes ist vernetzend, weil sie mich rausholt aus meinem Egoismus, der sich nur um mich dreht. Weil sie mich mit Gott verbindet und zum Verfechter und Bereiter des Weges Gottes in dieser Welt werden lässt – immer meinem Herrn nach, der diesen Weg vorzeichnet.
Stellt euch vor, wie die Geschichte von Jona weitergegangen sein könnte: Jona prallt die Sonne weiterhin so auf den Kopf, dass er sich sagt: Ich geh nach Hause. Doch der kürzeste Weg in die Heimat führt mitten durch die Stadt. Scheu blickt er sich um, als er Stimmen hinter sich hört. Er beschleunigt seine Schritte und glaubt jeden Moment, Rufe zu hören: „Da geht der falsche Prophet, schnappt ihn euch!“ Jona rechnet mit Steinwürfen, Schlägen und Spott.
Doch dann traut er seinen Augen und Ohren nicht. Als Jona erkannt wird, eilen die Leute von allen Seiten auf ihn zu, umarmen ihn und stammeln immer wieder: „Neben Gott bist du der Anlass unseres Glücks! Du hast uns vor Augen geführt, wie schlecht wir sind. Durch dich sind wir zum Glauben gekommen; deine Botschaft hat uns den großen Gott offenbart.“
Jona weiß nicht, wie ihm geschieht. Er wird ziemlich verlegen. Schlagartig wird ihm die eigene Unvollkommenheit bewusst. Und so bekennt er den liebenswürdigen Niniviten: „Ich bin genau so ein Sünder, wie ihr es wart. Ich bin sogar weitaus schlechter. Sicher, eure Vergehen waren jedem bekannt. Aber ich war selbstgerecht.“
„Nein, nein“, rufen die Leute. „Gott hat dich auserwählt, um uns zu erretten. Doch Jona muss noch etwas loswerden, was ihn zutiefst beschämt: „Ich habe bisher immer geglaubt, Gott fordere vom Menschen Gerechtigkeit. Jetzt weiß ich: Gott schenkt Gerechtigkeit.“
Was für eine Veränderung!
Was für eine tolle Vorstellung, wenn wir auch so Gerechtigkeit erleben könnten.
Was für eine tolle Vorstellung, wenn das bei Mosaik Wirklichkeit würde; oder in Düsseldorf …
Kriegt ihr da nicht auch so eine Sehnsucht nach Gerechtigkeit?
Damits damit was wird, schlage ich vor:
Lassen wir uns deshalb heute von Gott herausfordern, uns ihm zuzuwenden, sein Lebensgeschenk anzunehmen und seinem gerechten Weg durchs Leben zu folgen. Lassen wir uns herausfordern, für diese Gerechtigkeit einzutreten, wo auch immer uns unser Lebensweg langführt.
Was würde das ganz konkret für dich in deiner Situation bedeuten?
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