In unserer Sonntagsserie sprechen wir Momentan über Nackte Spiritualität. Dazu gehen wir verschiedene Worte durch, die uns helfen, zu dieser direkten unmittelbaren Verbindung zu Gott zu gelangen. Ohne Schminke, ohne tun als ob.
In den letzten Wochen haben wir bereits einige Worte durchgenommen.
Wenn ihr einen Talk verpasst habt, könnt ihr euch die Podcasts online anhören.
Heute konzentrieren wir uns auf 2 Worte: Vergib! und Wer?
Ich bin ein sehr pragmatischer Mensch. Sätze wie „Das kann ich alleine machen. Das schaff ich schon. und Ich weiß wie!“ hätten gut Überschriften sein können, die ich sehr sehr oft gedacht habe. Mein Fokus war es effektiv zu sein und mich „richtig“ zu verhalten – und das schlimmste für mich war es ineffektiv zu sein.
und genauso bin ich eben an die Jobsuche gegangen.
Nachdem ich direkt nach meinem Studium Jason geheiratet habe und nach Düsseldorf gezogen bin, ging die große Suche nach einem Job los und ich habe sehr lange gesucht und viele Bewerbungen geschrieben. ich hatte einen sehr guten Hochschulabschluss, hatte Auslandserfahrung und eine zusätzliche Ausbildung. Das schaff ich schon.
Dann kamen die ersten Bewerbungsgespräche und die ersten Absagen. Aber dann hab ich mich noch mehr ins Zeug gelegt und dachte, dass es nur eine Frage der Zeit ist.
Eine besonders verheissungsvolle Stellenausschreibung war in einer Düsseldorfer Sozialeinrichtung, die Jobbeschreibung hat genau auf mein Profil gepasst und ich wurde auch schnell zum Vorstellungsgespräch eingeladen.
Das erste Gespräch mit der Teamleiterin lief super, ich hab mich sehr gut mit ihr verstanden und ich fühlte mich wohl und dachte mir, das kann ich mir gut vorstellen hier zu arbeiten.
Im Anschluss an dieses Gespräch teilte mir die Teamleiterin mit, dass ich gut in das Team passen würde und dass die Vorstandsvorsitzende mich noch kennenlernen muss, damit es zum Vertragsabschluss kommen kann.
Soweit so gut. ich bin dann ein paar Tage später zum besagten Gespräch gegangen und dachte mir, dass das eine reine Formalität ist und ich danach den Vertrag so gut wie in der Tasche habe. Als auch dieses Gespräch erfolgreich zu Ende ging, hat mir die Vorstandsvorsitzende gesagt, dass sie mich in den nächsten Tagen anruft und mir mitteilt, wie wir vorgehen werden.
Dann wurde ich zum dritten Vorstellungsgespräch eingeladen, bei dem man mir dann sagte, dass die Stelle auf die ich mich beworben hatte bereits innerbetrieblich vergeben wurde. und dieser dritte Mensch wollte mir dann eine Stelle aufschwatzen und schmackhaft machen, die für mich überhaupt nicht in Frage kam.
Misserfolg.
Dann kam der Sonntag – Mosaik. Wie geht es mir am Sonntag? Gut? Schlecht? Schwierig. Soll ich jetzt so tun, als würde es mir gut gehen, trotz dieser Absage. Soll ich so tun, als stünde ich darüber, als hätte mich diese emotionale Achterbahn nicht aus der Bahn geschmissen?
Wir alle sind mehr oder weniger gute Schauspieler. Wir alle bemühen uns, ein gewisses Bild von uns nach außen darzustellen. Ich hab eine Absage vom Job gekriegt, aber klar, das schaff ich schon.
und im Grunde hat das auch seine Berechtigung. Nicht alle können damit umgehen, wenn ich ihnen auch noch meine Probleme aufbürde. und nicht immer hilft es völlig authentisch zu sein. Der Rahmen muss stimmen und die Beziehungen müssen stimmen. Zum Problem wird es allerdings, wenn wir versuchen, vor anderen heiliger rüberzukommen, als wir wirklich sind.
Aber dennoch stellt sich die Frage, wie wir mit der Spannung umgehen, zwischen dem Wer wir sind und Wie wir uns nach außen darstellen.
Genau diese Spannung finden wir auf den ersten Seiten der Bibel.
Adam und Eva essen von der verbotenen Frucht und verstecken sich vor Gott. Sie erkennen, dass sie nackt sind und bedecken sich mit Blättern.
Niemand von uns lebt wirklich nackt. Wir alle sind gekleidet und verstecken unseren Körper und genauso verstecken wir auch unser Inneres, weil wir uns vor Ablehnung fürchten und angenommen sein wollen.
und wir glauben, dass unsere verkleidete Version eine größere Chance hat von anderen angenommen zu werden, als unsere nackte Version. und deshalb leben wir mit der Angst, dass andere dahinter kommen können, welche unschönen Facetten unserer Persönlichkeit hinter unserer Verkleidung schlummert.
Aber hier und da machen wir auch die Erfahrung, da wo wir Menschen tiefer reingucken lassen, wo wir uns verletzlich machen, dass Menschen uns mit einer viel größeren Großzügigkeit begegnen und viel mehr Verständnis für uns haben, so dass wir manchmal erstaunt sind, dass wir trotzdem angenommen sind.
Kennt ihr diese Erfahrung? Ich hoffe, dass Mosaik ein Ort sein kann, wo wir so etwas erleben und wo wir diese Großzügigkeit erfahren und einander zugestehen können.
aber wie ist das mit Gott? und bevor du jetzt schnell denkst, „ja bei Gott kann ich mich so geben wie ich bin!“, stell dir vielleicht die Frage: ist das wirklich so?
Der englische Autor C.S. Lewis, der vor allen Dingen bekannt durch die Narnia Bände ist, hat auch viele theologische Bücher geschrieben. Er schreibt:
„Was ist das wichtigste Gespräch, das du jeden Tag führst?“ „Dein Gespräch mit Gott, natürlich!“ würden religiöse Menschen automatisch antworten.
„Nein,“ würde Lewis antworten. „Es ist das Gespräch, das du mit dir selbst führst, bevor du zu Gott sprichst, denn in diesem Gespräch mit dir selbst, entscheidest du, ob du ehrlich und authentisch Gott gegenüber sein wirst, oder ob du Gott mit einem falschen Gesicht, einer Maske, einer Darstellung, einer Vortäuschung begegnest.“
Ist es wirklich so, dass wir zu Gott so kommen wie wir sind? Wenn du die Erfahrung gemacht hast, dass Menschen mit deinen dunklen Seiten großzügig umgehen, dann hilft dir das vielleicht dich vor Menschen zu öffnen.
Aber es scheint mir manchmal, dass es uns sogar leichter fällt diese Großzügigkeit von Menschen zu erwarten als von Gott.
Vielleicht sind einige von euch hier, die Gott als jemanden kennengelernt haben, der mit unseren dunklen Seiten sehr hart ins Gericht geht. und vielleicht ist es so, dass einige in ihrer geistlichen Biografie von einem Glauben geprägt sind, der sehr angstbesetzt war und daher ist dieser Begriff Vergib! immer damit verbunden gewesen, dass man einem Gott begegnet, der dich fertig machen will, so als ob in dem Moment, wo ich mich mit meiner Zerbrochenheit auf Gott zubewege, er die Fassung verliert und wütend wird.
Wie wird Gott darauf reagieren, wenn ich sage: Vergib! wird er entsetzt sein? wird er sagen: Ich schäme mich, dass du zu mir gehörst? Was hast du nur getan? Was bist du nur für ein Pünktchen Pünktchen Pünktchen.“
Das ist nicht das, wovon ich rede. Wenn wir von dem Wort Vergib! sprechen, dann können wir das nur dann tun, wenn wir uns bewusst machen, dass Gott ein großzügiger Gott ist.
Wie wird Gott reagieren, wenn ich sage: Vergib! Ich glaube er wird sagen, „endlich“ und wird lächeln. Endlich, ist die Sache auf dem Tisch und jetzt, wo das auf dem Tisch liegt, können wir daran arbeiten.
Der Gott zu dem wir mit Vergib! kommen, ist keine Bedrohung. Wir müssen verstehen, da ist jemand, der Interesse an mir hat, der mir helfen will und der mir die Chance gibt, dass ich aus meinem Versteck komme. Das verlangt, dass ich den Mut habe zu glauben, dass Gott es gut mit mir meint.
Das ist die Voraussetzung für dieses Wort „Vergib!“. Aber, was sagen wir damit nun aus?
Dieses Vergib! ist im Grunde ein Zuhören. ich horche in mich hinein. ich höre mir selber zu. und im Grunde höre ich zu und stelle fest, wo ich gerade bin. Ich führe dieses innere Gespräch und dringe mich dazu durch, ehrlich zu werden.
Vergib! ist im Prinzip ein spirituelles Ausziehen. ein geistlicher Striptease.
wenn wir dann ehrlich zu uns und zu Gott sind, bekennen wir im Grunde: Gott ich möchte nichts mehr vor dir verstecken. Du weißt es eh schon und in deiner Gegenwart etwas vorzutäuschen ist purer und erbärmlicher Schwachsinn. Ich möchte in deiner Gegenwart der oder die sein, die ich wirklich bin.“
Wenn ich das einfache Wort „Vergib!“ Gott gegenüber benutze, erkenne ich endlich an, dass Gott es schon weiß. ich bin diejenige, der es bewusst wird.
Für mich drückt das der Psalm 139 sehr gut aus.
ps 139
Ein Psalm Davids. Herr, du hast mein Herz geprüft und weißt alles über mich. 2 Wenn ich sitze oder wenn ich aufstehe, du weißt es. Du kennst alle meine Gedanken. 3 Wenn ich gehe oder wenn ich ausruhe, du siehst es und bist mit allem, was ich tue, vertraut. 4 Und du, Herr, weißt, was ich sagen möchte, noch bevor ich es ausspreche.
Wenn ich Gott meine Geheimnisse anvertraue, die Wahrheit wo ich mich eigentlich vor Ablehnung fürchte und deswegen oft eine Maske aufsetze, um nicht ich selbst zu sein. Wenn ich Gott mein Bedauern und meine Gewissensbisse vorlege, die ich sonst gerne vergraben habe, um ein glückliches und gefälliges geistliches Image vorzutäuschen. Dann bin ich ehrlich zu mir selber.
Dann bin ich ehrlich mit Gott. Dann erlebe ich nackte Spiritualität. Mit dem Wort „Vergib!“ werden wir frei, denn die Ehrlichkeit und die Wahrheit werden uns frei machen.
Ich glaube, dass diese Übung des Zuhörens sehr wichtig ist. Wenn es darum geht, dass wir zuhören sollen, dann stellt sich für uns das Problem, dass wir manchmal taub für dieses innere Gespräch sind. Der Nerv unserer Seele kann betäubt werden.
Das Gewissen ist wie ein moralischer Nerv unserer Seele. Es ist wie ein Schmerz Empfänger, der uns vor moralischer Gefahr warnt. Die Übung des Zuhörens hilft, dass unsere moralischen Nerven nicht taub werden. Es hilft, dass wir sensibel sind und nicht verhärtet werden. „Irgendetwas stimmt hier nicht“ kann unser Gewissen schreien „Du arbeitest dich noch kaputt“ brüllt es „Deine Integrität geht daran zugrunde“ weint es „Dir geht es nicht gut“ ruft es.
Der Schmerz eines sensiblen Gewissens findet Befreiung und Linderung, wenn wir stoppen und in uns hineinschauen. Deshalb bedeutet Vergib! auch immer ein Innehalten. Langsam werden. Stille werden und zuzuhören.
Vergib!
– von Dina
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