Sprachlos.
Wenn wir Dinge benennen, dann sagen wir damit etwas aus. Wir verstehen, wir begreifen, wir kontrollieren und wir schätzen ein. Die Dinge benennen zu können, ist uns ein großes Bedürfnis. Warum sonst gibt es Interviews nach Sportveranstaltungen? Warum sonst wirkt so etwas, wie Gesprächstherapie? Weil wir durch das Benennen das Gefühl bekommen, die Dinge ein bisschen mehr unter die Füße zu bekommen.
Und das hat auch seinen Platz und seinen Wert.
Dann gibt es aber auch Erfahrungen, für die uns die Worte fehlen. Wir können manches nicht benennen, weil sich manche Dinge uns entziehen. Wir können sie nicht erfassen und in unsere Worte einsperren. Manche Dinge sind dafür zu wild, zu furchtbar und zu unverständlich. Worte können diesen Erfahrungen einfach nicht gerecht werden. Richard Rohr sagte einmal, dass die einzige angemessene Antwort auf das Warum des Leidens Stille sein kann. Sprachlosigkeit.
Einfach einmal aufhören, das Unbegreifbare in Worte zu packen. Da passen sie nämlich nicht rein. Versucht man es doch, dann wird man der Situation nicht gerecht.
Das erinnert an das Buch Hiob aus der Bibel. Es beginnt mit Hiob, der von einem auf den anderen Tag mit herben Schicksalsschlägen zurechtkommen muss. Sein Besitz wird zerstört. Seine Kinder sterben in tragischen Unfällen und er selbst wird totkrank. Zum Überdruss rät ihm seine Frau, er möge Gott verfluchen und danach sterben. Dann kommen ein paar Freunde, die dann aber anfangen, das Leid erklären zu wollen. rund 40 Kapitel geht es darum, dass Hiob nun mit seinen Freunden darüber streitet, warum ihm das alles zustoßen musste. Gab es vielleicht irgendeine Schuld in Hiobs Leben, für die er jetzt leiden muss? In seinem Schmerz muss sich der kranke Hiob nun auch noch vor seinen Freunden rechtfertigen. Aus lauter Frust sagt er dann später den bekannten Satz: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt!“ (19,25)
Schließlich greift Gott doch ein. Das erstaunliche ist, dass er die vier Freunde hart anfährt:
„Als nun der Herr diese Reden an Hiob vollendet hatte, sprach der Herr zu Eliphas, dem Temaniter: „Mein Zorn ist entbrannt über dich und deine beiden Freunde, denn ihr habt nicht recht von mir geredet, wie mein Knecht Hiob.“ Hiob 42,7
Die Antwort des Hiobbuches auf die Frage nach dem Leid ist klar: Klappe halten. Frei nach Woody Alan, der sagte: „Gott schweigt. Jetzt müssen wir nur noch die Welt dazu kriegen, die Klappe zu halten“
Auch die Einleitung zum Hiobbuch aus The Message trifft es sehr gut:
„Das Buch Hiob ist nicht nur ein Anwalt für die Würde des Leidens und Gottes Anwesenheit in unseren Leiden, sondern es ist auch in erster Linie ein biblischer Protest gegen Religion, die sich auf Erklärungen und „Antworten“ beschränkt. Viele der Antworten von Hiobs sogenannten Freunden sind technisch richtig. Aber dieser „technische“ Teil ruiniert sie. Es sind Antworten ohne persönliche Beziehung, Intellektualität ohne persönliche Nähe.“
– der Jason
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