Ein Format bei Mosaik ist „Mosaik studiert“. Dort nehmen wir uns Zeit, um uns intensiver und tiefer mit biblischen Themen auseinander zu setzen. Ich möchte diese Woche einige Texte online stellen, die beim letzten Treffen Thema waren (wobei der Termin ausgefallen ist). So können alle Interessierten ebenfalls einsteigen.
Dieses Mal ging es um Gleichnisse.
Das spannende an dieser Textsorte ist meiner Meinung nach, dass sie Wahrheiten nicht auf den Punkt bringen, sondern auf eine Art verschlüsseln. Jesus sagte einmal, dass er in Gleichnissen rede, damit die Menschen ihn nicht verstehen – was für einen Lehrer ein äußerst ungewöhnlicher Ansatz ist.
Wenn Jesus Gleichnisse erzählt, dann ist man als Zuhörer zunächst einmal verwirrt. Diese Geschichten sind einerseits so eingängig, dass man sie nicht vergisst, aber sie sind andererseits doch so merkwürdig, dass man sie nicht auf Anhieb durchdringen kann.
Gleichnisse liefern eben keine fertigen einfachen Antworten auf komplexe Fragen des Lebens und des Glaubens. Aber sie locken Menschen in ein Gespräch. Man kann sich diesem Gespräch nur schwer entziehen, Gleichnisse laden gerade dazu ein, dass man sich tiefere Gedanken macht und sich an einem Thema reibt. So können Gleichnisse zu einer Quelle der Veränderung werden. Denn wenn wir diese Dinge in uns bewegen, dann lösen sie mit der Zeit etwas in uns aus. Eugene Petersen, der Autor der Message Bibelübersetzung, hat es einmal so formuliert: „Gleichnisse sind wie Zeitbomben“. Erst nach einer Zeit lösen sie etwas aus.
Ein anderer wesentlicher Aspekt ist, dass Gleichnisse in der Regel ohne religiöse Sprache auskommen. Sie handeln von alltäglichen Dingen und Begebenheiten. Fast nie kommt in Ihnen das Wort „Gott“ vor, ebenso wenig wie andere religiöse Worte. Und doch sind diese Gleichnisse voll vom Handeln Gottes. Auch das inspiriert mich. Denn in meinem Alltag kommt Gott auch nicht so häufig vor – und doch ist er da. Gleichnisse helfen mir, Gott in meinem Alltag zu entdecken – oder besser: im Alltäglichen. Sie bringen mir bei, Gott in dieser Welt entdecken und erkennen zu können.
Vor einiger Zeit ist mir ein Buch in die Hände gefallen, das einen für mich neuen Ansatz verfolgt. Der Autor William R. Herzog II. versucht darin, die Gleichnisse Jesu unter besonderer Berücksichtigung der historischen Zusammenhänge zu deuten. Außerdem versucht er die Texte durch die Augen der damaligen Unterschicht zu lesen.
Das ist möglicherweise eine entscheidende Neuerung. Die sogenannte Befreiungstheologie des letzten Jahrhunderts hat diese Sichtweise in das Theologische Gespräch eingebracht (hier findet man einen gut les- und hörbaren Einstieg in diese Denkrichtung).
So mancher Bibeltext erscheint so in einem völlig neuen Licht. Beispielsweise bin ich gewohnt gewesen, in Bibeltexten schnell die Verbindung zwischen Herrscherfiguren und Gott herzustellen. Ein König, ein Edelmann, ein Gutsbesitzer – das sind fast automatisch für mich Platzhalter für Gott gewesen. Denn in meinem Verständnis war Gott vor allem der oberste Herrscher, nicht der in Jesus sich bis zum Kreuzestod erniedrigende Knecht (vgl. Philipper 2). Was aber, wenn diese Texte häufig gerade eine Kritik an den Gesellschaft- und Machtverhältnissen darstellen sollten? Vielleicht ist Gott eben nicht in den Herrscherfiguren, sondern in anderen Figuren zu erkennen.
In den folgenden Posts möchte ich mich dieser Idee widmen und einige Gleichnisse neu beleuchten. Dabei greife ich immer wieder auf Herzog II. zurück, werde das aber nicht immer kenntlich machen.
Auch hier gilt wieder, diese Ideen sind nicht fertig und dienen als Einladung zum Gespräch. Bildet euch eine eigene Meinung und reibt euch mit den Gedanken. Ehrlicherweise möchte ich ergänzen, dass diese Interpretationsansätze in der Theologie sehr umstritten sind – das sind exotische Gedanken. Aber überlegt für euch, was dran sein könnte.
Beginnen möchte ich mit einer Einführung in die antike dörfliche Agrarkultur. Stark vereinfacht habe ich in Form eines kurzen Clips die aus meiner Sicht wesentlichsten Infos zusammengefasst. Fangen wir an, das wird spaßig.
– Jason
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