Eine Antwort auf das EAD Statement zum Thema Homosexualität

Liebe Verantwortliche des EAD Statements,

irgendwie tauchte in meiner Facebook Timeline euer neu formuliertes Statement „Ehe als gute Stiftung Gottes. Deutsche Evangelische Allianz beschließt Leitgedanken zu Ehe und Homosexualität“ auf. Niemand mag Kritik, besonders nicht aus dem eigenen „Lager“. Aber ihr wollt ja auch mit denen im Dialog bleiben, die anderer Meinung sind. Diesen Ball nehme ich auf.

Hier möchte ich direkt einmal einsteigen. Wer sind eigentlich die Menschen, mit denen Ihr redet? Ein Freund, der offen mit seiner Homosexualität umgeht, schreib mir dazu folgende Zeilen:

„Dazu kommt, dass in dem Statement sogar nur von Leuten geredet wird, die bei dem Thema die Bibel anders verstehen – also Leuten, wie dir. Dass es Menschen selbst betreffen könnte und die durch solche Aussagen ihres Glaubens und ihrer Würde beraubt werden, steht auf einem ganz anderen Blatt“

Homosexualität wird in dem Statement wie ein Thema behandelt. Es geht aber um Menschen, die auch in Euren Gemeinden sitzen. Ist es für Euch akzeptabel, wenn bei ihnen ankommt, dass sie auf einem ganz anderen Blatt stehen?

Ihr habt in Tagungen unterschiedliche Überzeugungen zum biblischen Befund diskutiert. Das erwähnt Ihr zu Anfang, anschließend kommen diese anderen Überzeugungen nicht mehr vor. Nur sind diese Überzeugungen mittlerweile sehr laut. Die Initiative Worthaus um Siegfried Zimmer versteht es hervorragend, die traditionelle Sicht auf Homosexualität zu hinterfragen und verständliche, ansprechende und nachvollziehbare Wege aufzuzeigen, wie wir heute dem christlichen Glauben gerecht werden können, indem wir auch mit Homosexuellen Menschen Gemeinde Gottes sind. Diese Stimmen werden nicht nur wahrgenommen, sie haben eine kaum zu unterschätzende Überzeugungskraft.

Mir scheint, als ringt Ihr gar nicht damit, wie und ob Ihr Homosexualität und Glaube zusammenbringen könnt. Letztlich ringt ihr damit, wie Ihr kalte Ablehnung von homosexuellen Menschen mit der Liebe Gottes in Einklang bringen könnt. Und mit Verlaub gesagt, Euer Statement zeigt recht offensichtlich, dass Ihr an dieser Aufgabe scheitert.
Wenn Ihr dieses Statement lest, habt Ihr denn selber den Eindruck, dass aus diesem Papier eine Stimme der Annahme durchscheint?

Wenn sich an Christus und seiner Verkündigung unsere ethischen Bewertungen ausrichten, dann kann man nicht den Geist übergehen, den solch ein Papier atmet. Ein Schuldbekenntnis der Hartherzigkeit wirkt in diesem Papier gar zynisch. Ihr möchtet nicht als diskriminierend wahrgenommen werden. Dann fragt doch einmal Betroffene, ob ihr da schon angekommen seid.

Sehr befremdlich fand ich den Hinweis auf „Ausgrenzung von Menschen, die sich um ihres Glaubens willen heutigen Mehrheitsmeinungen nicht anschließen können.“, der sich im selben Satz befindet, in dem Ihr von Diskriminierung von Homosexuellen redet. Selbst die Bundeskanzlerin hat gegen die #Ehefüralle gestimmt, Ihr seid auf der Seite der Privilegierten und nicht auf der Seite der Opfer von Diskriminierung. Dieser Opfermythos ist wirklich ein schlechter Stil und zeigt, dass Ihr zum Leid der Ausgrenzung Homosexueller eher beitragt, anstatt Diskriminierung durch christliche Gemeinden zu beenden.

Jesus soll in Eurer theologischen Begründung zentral sein. Nur kommt Jesus im Grunde gar nicht in den Überlegungen vor. Alles stützt sich auf die Idee, dass Mann und Frau in der Ehe einander zugeordnet sind. Und dazu nutzt ihr eine sehr schwache biblische Argumentation. Der Stil ist, dass ihr eine Aussage trefft und anschließend in Klammern eine Bibelstelle anfügt, die eure Aussage belegen soll. Dass Bibelstellen so aus dem Kontext gerissen werden, nehmt ihr hin.

Beispielsweise sagt ihr, dass in der biblischen Ehe Frau und Mann einander zugeordnet sind. Das sei die Gute Stiftung Gottes, mit der gleichgeschlechtliche Partnerschaften unvereinbar wären. Als Beleg dazu führt ihr u.a. Matthäus 19,4.6 an:

„Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen, und die zwei werden ein Fleisch sein? So sind sie nun nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll er Mensch nicht scheiden!“

Ja, in dem Satz werden Mann und Frau genannt. Und nein, Jesus will hier nichts über homosexuelle Partnerschaften sagen. Jesus tut das auch an sonst keiner Stelle. Jetzt nehmt einmal den Vers 3, dort wird klar, was das eigentliche Thema ist: „Darf man seine Frau aus jedem beliebigen Grund aus der Ehe entlassen?“. Aus einer Fragestellung über Ehescheidung abzuleiten, dass die gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit dem Glauben unvereinbar sind, ist weder fair noch redlich. Ihr habt bereits ein Ergebnis und presst es in die Bibel rein.

Wenn man sich mit Jesus beschäftigt, dann kommt man am Ende nicht dabei heraus, dass homosexuelle Partnerschaften der Ehe nicht gleichgestellt werden können. Diese Fragestellung hat Jesus nirgends besprochen.

Beschäftigt man sich mit Jesus, dann dürfte man eine Menge darüber lernen, dass unsere Ausschlussverfahren und Abgrenzungen von seiner Botschaft des Reiches Gottes über den Haufen geworfen werden. Das Statement ist eine zugeschlagene Türe, dabei sind wir zum Türöffnen berufen. „Die Zöllner und Huren mögen eher ins Himmelreich kommen, denn ihr.“ – ich hätte mir gewünscht, dass solch ein Satz im Zentrum eurer Überlegungen gestellt worden wäre. Denn immer dann, wenn wir anderen Menschen die Tür vor der Nase zuschlagen, können wir sicher sein, dass wir Jesus ausgesperrt haben.

Euer Statement wurde an einer Stelle online mit folgenden Worten kommentiert: „Da, wo Homosexualität ein persönliches Gesicht bekommt, ist es nämlich ungleich schwerer, solche Positionen zu verteidigen.“ Ich finde diesen Satz bemerkenswert und sehr gut! Zentral für den christlichen Glauben ist, dass in Jesus Gott ein Gesicht bekommen hat. Und Jesus lehrt uns, dass wir wiederum Gott im Gesicht derer erkennen können, die am Rand sind. Euer Statement zementiert diese Randstellung für homosexuelle Christinnen und Christen. Steht Christus im Zentrum, dann rücken mit ihm auch die Menschen vom Rand in das Zentrum. Das ist immer unsere Aufgabe als Christinnen und Christen. Können wir uns da treffen?

– Jason


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