“The Heretic” – Neue Doku über Rob Bell überzeugt und berührt

Letzte Woche ist eine neue Dokumentation über Rob Bell veröffentlicht worden, die bislang aber nur in den Staaten vertrieben wird. Dennoch konnte ich diese Dokumentation heute ansehen und kann daher ein paar frische Eindrücke wiedergeben.

Die Dokumentation wurde von Andrew Morgan gedreht. Er konnte Rob in den letzten Jahren begleiten und hat daher ganz unterschiedliche Szenen einfangen können. Angefangen von Events, auf denen Rob gesprochen hat, bis hin zu Szenen aus dem RobCast und Interviews mit Menschen aus Robs Umfeld geben ein bisschen das Gefühl, hinter die Kulissen gucken zu können. Die Doku erzählt von Robs Geschichte, wie er die Gemeinde Mars Hill gegründet hat und immer neue Wege finden wollte, die christliche Botschaft in Worte zu fassen. Dann aber auch den großen Wendepunkt mit der Veröffentlichung seines Buches „Love wins“, wodurch Rob vom „coolsten Pastor Amerikas zum größten Häretiker“ wurde. In diesem Buch hat Rob Bell die traditionelle Sicht auf die Hölle hinterfragt und sich besonders dafür ausgesprochen, den christlichen Glauben in seiner Bedeutung für das Hier und Jetzt wahrzunehmen. Dieses Buch ist wie eine Bombe eingeschlagen und hat Rob Bell aus der evangelikalen Welt heraus katapultiert, so dass er schließlich auch seine eigene Gemeinde verlassen hat.

Andrew Morgan hat es geschafft, Rob einige persönliche Einblicke zu entlocken, wie diese Phase für ihn gewesen ist. Vor der Buchveröffentlichung hat Rob in vollen Hallen vor tausenden Zuschauern gesprochen, dann kam das Buch und er ging auf Lesungstour. Jetzt sprach er vor leeren Sitzreihen. Ein Freund sagte ihm, dass er seine Zeit vielleicht hinter sich habe. Vielleicht würde sein Leben nun still verlaufen. Familie, Surfen, thats it. Es sollte anders kommen. Heute hat Rob auf seinen Touren wieder volle Hallen.

In der Doku kommen ganz unterschiedliche Interviewgäste zu Wort, die darüber reden, wie Rob Bells Arbeit ihren Glauben geprägt hat. Besonders der Comedian Pete Holmes erzählte, wie er mit fundamentalistischem Glauben aufwuchs, seinen Glauben verlor und erst durch Rob Bell wieder einen Zugang gefunden hat. Diese Geschichte ist stellvertretend für tausende andere. Ich selber habe jedes Buch von Rob Bell mit großem Gewinn gelesen und versuche so ziemlich alles zu hören, was er veröffentlicht. Ich denke, dass ich ohne ihn heute ebenfalls kein Christ mehr wäre und bin unglaublich dankbar, dass er trotz seiner Geschichte mit derartigem Gegenwind nicht bitter und zynisch geworden ist. Rob ist herausragend in dem was er macht, nicht nur durch seine unterhaltsame und verständliche Art zu sprechen und schreiben. Besonders macht ihn, dass er eben nicht bloß gute und herausfordernde Fragen an den Glauben stellt und dadurch für viele die Art verändert hat, wie man das Leben, den Glauben und den eigenen Platz in der Welt sieht. Rob geht darüber hinaus und inspiriert Menschen. Er schafft es, Spaß am Glauben und am Leben zu bekommen. Er spricht positiv über den Glauben und das Leben, das gibt es sehr selten.

Weite Teile der Doku werden Abschnitte aus Talks zusammengeschnitten, die Rob Bell in den letzten Jahren gehalten hat. Abschnitte aus Lesungen oder aus seinen Programmen mit anderen Sprechern wie Pete Rollins oder Elisabeth Gilbert. Die Erzählweise der Doku macht in feiner Weise deutlich, dass Rob Bell eine Art neuzeitlicher Prophet ist, der klare Worte findet, um die Botschaft der Bibel in ihrer Kritik am Militarismus und Konsumismus der westlichen Welt aufleuchten zu lassen. Noch wichtiger finde ich aber die Darstellung davon, wie Rob Gott neu denkt. Er lässt Etiketten hinter sich und eröffnet seinen Zuhörern unglaubliche Freiheit: Du hast aus welchen Gründen auch immer ein Problem mit dem Begriff Gott? Dann lass den Begriff. Alles gut. Aber was treibt das ganze hier an? Was führt dazu, dass wir heute Sklaverei ächten? Diese Art lädt zu einer neuen Lebensweise ein, die hoffnungsvoll und engagiert ist. Es macht Spaß, in der Doku noch einmal einen Zusammenschnitt dieser wichtigen Aussagen zu finden.

Besonders ist mir eine Szene in der Doku hängen geblieben, in der Rob über das Versagen der christlichen Religion spricht. In vielen Ländern des Westens spielt Religion keine Rolle mehr für die Menschen. Sie sind auf der Suche nach etwas, aber das Wasser der Religion scheint keine Antwort mehr zu sein. Er stellt die Frage, was dann das Nächste sein wird, das nach Religion kommt? Die Doku ermutigt sehr stark, in diese Richtung weiter zu gehen und zu fragen bzw. ehrlich mit seinen Fragen zu sein. Für Rob verläuft die Linie nicht zwischen Gläubigen und Ungläubigen. Jeder hat ernste und tiefe Fragen. Denn diese Fragen durchziehen das Menschsein schon immer. Daher verläuft die Linie für ihn zwischen solchen, die sich den Fragen stellen und solchen, die den Fragen ausweichen. „Du verlässt die christliche Tradition nicht durchs Fragen, das ist die Tradition, Gott ist gerade darin zu finden.“


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