Nackte Spiritualität #Stille

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Wir haben uns nun mehrere Wochen mit „Nackter Spiritualität“ auseinander gesetzt. Dazu haben wir über verschiedene Worte nachgedacht, die uns in helfen können, zu dieser unverstellten Verbindung mit Gott zu gelangen.

Heute soll das letzte Wort der Reihe thematisiert werden. Naja, vielleicht fallen uns demnächst weitere ein, so dass es Fortsetzungen geben könnte. Aber heute soll es um Stille gehen.

Viele Christen über die Jahrtausende haben in der Stille eine tiefe Begegnung zu Gott erfahren. Und auch heute haben diese Praktiken wieder mehr Aufmerksamkeit erlangt. Aber was finden Menschen in der Stille? Ein Selbstversuch.

Vor einiger Zeit habe ich den Versuch begangen, bewusst Stille zu erleben. Zunächst hatte ich mir von einem Franziskaner Mönch einen Vortrag dazu angehört. Richard Rohr ist eine Art Ikone im Bereich der Kontemplation, er würde ja schon einiges dazu sagen können. Spannend war, dass sein Vortrag über Stille mit Stille begonnen hat. Da saß er ungefähr 15 Minuten, das Licht wurde getimt und dann passierte nichts. Stille?

Ich weiß gar nicht mehr, was er sonst noch erzählt hat. Nur zwei Dinge sind mir hängen geblieben. Er sagte, dass Stille nicht die Abwesenheit von Geräuschen ist.

Außerdem meinte er, dass Stille das einzige ist, was die Gegensätze in unserem Leben in sich aufnehmen kann.

Vielleicht ist das Reden über Stille aber auch nicht der beste Weg, Stille zu erleben. Also habe ich selber Stille gesucht.

Die erste Herausforderung war allerdings schon, die Abwesenheit von Geräuschen und Eindrücken herzustellen. Wo geht so etwas heute noch?

Aber irgendwo habe ich dann doch ein stilles Örtchen gefunden…

Dann habe ich erlebt, dass äußere Stille zunächst etwas anderes Deutlich macht. Nämlich dass es in mir alles andere als Still ist.

Nach ein paar Minuten, die zunächst mit umsortieren Gedanken gefüllt waren, begann ich meine Gedanken auf das zu fokussieren, was gerade in mir los war. Das allein war schon anstrengend. Aber es war vor allem schmerzhaft. Im Alltag gibt es unzählige Möglichkeiten, dieser inneren Realität auszuweichen. Aber jetzt, wo diese Gedanken mir immer deutlicher bewusst wurden, da verursachte die Suche nach Stille Stress.

Innerlich wurde es in mir immer lauter. Eine ohrenbetäubende Stille.

Natürlich habe ich jetzt schnell versucht, über andere Dinge nachzudenken. Am liebsten hätte ich das Experiment abgebrochen. Dabei waren erst 6 Minuten vergangen…

Aber was sollte ich machen? Ich wollte mir die Zeit nehmen, die Gedanken zuzulassen. Also habe ich erneut versucht, mich zu fokussieren. Erneut der Versuch, tief in mich hineinzuhorchen. Den Schmerz und den Stress aushalten und zuzulassen.

Und eben auch zuzulassen, dass für manche Dinge keine Klarheit herzustellen war, manche Probleme einfach nicht zu lösen waren.

Was soll dann so toll sein an der Stille?

Nach einer Weile stellte ich mir eine Frage. Ist Gott in der „Stille“? Ist er irgendwo in meinem Gedankenwust?

Nun versuchte ich Gott in der „Stille“ zu finden. Aber das war nicht so einfach. Denn meine Gedanken waren längst nicht sortiert. Immer wieder poppten Gedanken auf, die mich mahnten über gewisse Probleme nachzudenken. Sollte ich die einfach ignorieren?

Musste ich das alles erst zum Schweigen bringen, um Gott hören zu können? Und wie soll das überhaupt aussehen, dieses Gott hören?

Wird da am Ende jetzt eine Grundsatzdebatte draus? Ist Gott in der Stille?

Ich weiß es nicht. Aber ich versuche dennoch hinzuhören.

Schließlich habe ich mir gedacht, die Sache mit der Stille scheint Übungssache zu sein. Richard Rohr scheint recht gehabt zu haben. Nur weil keine äußeren Geräusche zu hören sind, heißt es nicht, dass man im inneren Stille werden kann.

Mutter Theresa soll einmal gefragt worden sein, was sie denn genau tue, wenn sie bete. Sie hat daraufhin geantwortet, dass sie stille ist und einfach Gott zuhöre. Der Reporter fragte weiter, was Gott ihr dann sage. Daraufhin erwiderte sie: Nichts. Gott hört ebenfalls zu.

Da bin ich noch nicht.

Aber ich möchte den Weg dahin weiter beschreiten. Dabei vertraue ich darauf, dass in einer regelmäßigen Form der Stille-Übung mehr Stille entsteht.

Und ich möchte darauf vertrauen, dass Gott mir in der Stille nahe ist. Und auch auf dem Weg dahin.

Meine jüngsten Versuche der Kontemplation waren erste Schritte. Aber sie werden mich an einen besseren Ort führen.

Klar, man hat noch gar nicht viel praktisches im Leben wahrgenommen. Aber es ist ein wenig wie dieser riesige Staudamm, den die Chinesen gerade bauen. Da wird die nächsten Jahrzehnte noch Wasser zufließen, damit er voll wird. Das ist ein Prozess in Stille. Von außen sieht man nichts, aber in der Stille wächst etwas langsam heran. Und irgendwann, dann wird diese Stille in Energie verwandelt und der Staudamm wird in der Lage sein, Millionen Menschen mit Strom zu versorgen.

Wo wird die spirituelle Reise der Stille hinführen? Sie wird in Energie verwandelt werden, in Formen der Nächsten- und Gottesliebe. Das ist vielleicht auf den Punkt gebracht, worauf die nackte Spiritualität hinausläuft.

– Jason


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