Nackte Spiritualität #bitte

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In unserer Sonntagsserie sprechen wir Momentan über Nackte Spiritualität. Dazu gehen wir verschiedene Worte durch, die uns helfen, zu dieser direkten unmittelbaren Verbindung zu Gott zu gelangen. Ohne Schminke, ohne tun als ob. 

 

Ein weiteres Wort ist „bitte“.

 

Es geht darum, sich mit denen zu identifizieren, die Hilfe nötig habe. Bitte streckt sich aus zu dem anderen. 

 

Für mich wird das in einer Geschichte aus Markus 2 besonders gut veranschaulicht.

 

Der Evangelist erzählt hier eine Geschichte, in der vier Menschen einen Gelähmten zu Jesus bringen. Da sie aber nicht durch die Menschenmenge vor dem Eingang in das Haus vordringen können, in dem Jesus predigt, steigen sie auf das Dach, brechen es auf und lassen den Kranken durch die Decke hinab zu Jesus, der ihn dann auch heilt. 

 

Ein Haus, vollgepackt mit Menschen, die das Wort Gottes hören wollen, und Jesus ist mitten unter ihnen. Das erinnert mich stark an Kirche. Es gibt immer wieder diese Gottesdienste, bei denen ich das Gefühl habe, dass hier gerade etwas Heiliges passiert. Gott scheint anwesend zu sein und zu den Menschen zu sprechen. So sollte es sein. 

 

Aber dann gibt es diese unerhörte Störung. Einige Menschen sind wohl verrückt geworden und fangen allen Ernstes an, das Dach abzudecken. Man kann sich vorstellen, wie zunächst Kratzgeräusche und herunterfallender Putz die Zuhörer ablenkten. Dann kommt der Durchbruch und alle staunen, als durch die Decke jemand herabgelassen wird. Unglaublich!

 

Ein paar Gedanken und Assoziationen.

 

Wenn Menschen zusammenkommen und gemeinschaftlich Gott erleben und von ihm hören, dann ist das Kirche. Aber nicht nur das ist Kirche. Die Freunde, die den Gelähmten mitbringen, die sind ebenso Kirche. 

 

Kirchen jeglicher Fasson hatten zu allen Zeiten schon mit der Spannung von Drinnen und Draußen zu tun. Immer dann, wenn sich Menschen zu einer Gemeinschaft um Christus hin versammeln, kann daher wahrwerden, dass kein Platz da ist und bestimmte Menschen wegen des Gedränges nicht zu Jesus durchkommen können. Wir brauchen daher immer wieder heilige Störer, die uns aufrütteln, wenn wir es uns bequem gemacht haben. Was meine ich damit? Immer dann, wenn kein Platz mehr für eine weitere Person da ist, dann deswegen, weil kein Platz geschaffen wird. Sammeln wir uns nur um Jesus und hören auf, gleichzeitig Platz für andere zu schaffen, ebenfalls in Kontakt mir ihm zu gelangen, dann ist eben nach einiger Zeit kein Platz mehr da. Und dann kommen andere Menschen nicht mehr durch das Gedränge. 

 

Was sind diese Störer nun für Menschen? Zum einen leben sie gleichzeitig in den verschiedenen Welten: Sie treten in den Kontakt mit Jesus, seinen Nachfolgern und mit Menschen, die warum auch immer nicht zu Jesus durchkommen, die nicht dazugehören. Dann tragen sie die Lasten des anderen und machen sich eins mit seiner Situation. Das beinhaltet eben auch, dass sie das Draußensein auf eine Weise miterleben. Warum? Weil sie Zeit mit den Menschen verbringen, die nicht dazugehören, die außen vor sind. Störenfriede haben von Gelähmten nicht bloß gehört, sie sind mit ihnen befreundet. 

 

Aber sie sind sind nicht von Bitterkeit getrieben. Sie haben die Gemeinschaft der Nachfolger Jesu nicht aufgegeben oder versuchen, die Zuschauer loszuwerden. Sie bilden auch keinen alternativen Club oder erklären das Ganze für ohnehin überflüssig. Sie scheinen nicht einmal argwöhnisch darüber zu sein, dass die vielen Leute den Zugang zu Jesus versperren. Stattdessen finden sie eine kreative Lösung. Und die besteht darin, eine Deckenwand einzureißen. Die Trennwand zwischen drinnen und draußen wird von den Störenfrieden aufgebröckelt und so gelangen Menschen hinein, die anders niemals reingekommen wären.

 

Was sind die Gelähmten für Menschen? Sie haben keine Kraft. Sie haben keine Verbindung zur Gemeinschaft oder zu Gott. Sie gehören nicht dazu. Eigentlich hat sie niemand auf dem Schirm oder schafft für sie Platz. Es sind nicht die Art von Menschen, die man in dieser Gemeinschaft erwarten würde. Werden sie aber trotz Hindernissen nahe zu Jesus und mitten in die Gemeinschaft der Nachfolger gebracht, dann nennt Jesus so etwas „glauben“. Gelähmte nahe bringen, das ist Jesus wichtig. Das ist Bitte. 

 

Aber wieso hat das etwas mit Spiritualität zu tun? Komme ich Gott näher, wenn ich mich zu dem anderen ausstrecke?

 

Laut Jesus ja. 

 

Das wird in den berühmten Gleichnis vom Weltgericht deutlich (Matthäus 25). Da heißt es:

 

›Kommt her, ihr seid von meinem Vater gesegnet! Nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch vorbereitet ist. Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war ein Fremder, und ihr habt mich aufgenommen;  ich hatte nichts anzuziehen, und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank, und ihr habt euch um mich gekümmert; ich war im Gefängnis, und ihr habt mich besucht.‹  Dann werden ihn die Gerechten fragen: ›Herr, wann haben wir dich denn hungrig gesehen und dir zu essen gegeben, oder durstig und dir zu trinken gegeben?  Wann haben wir dich als Fremden bei uns gesehen und haben dich aufgenommen? Oder wann haben wir dich gesehen, als du nichts anzuziehen hattest, und haben dir Kleidung gegeben?  Wann haben wir dich krank gesehen oder im Gefängnis und haben dich besucht?‹  Darauf wird der König ihnen antworten: ›Ich sage euch: Was immer ihr für einen meiner Brüder getan habt – und wäre er noch so gering geachtet gewesen –, das habt ihr für mich getan.‹ 

 

Strecken wir uns zu dem anderen aus, dann komme ich Gott näher. Denn er wird uns in dem anderen nahe sein. 

 – von Jason


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